En passant: Bisschen faul, bisschen doof

Nr. 48 –

Am 1. Januar tritt in China ein «Gesetz zur Verwaltung der Aktivitäten ausländischer NGOs» in Kraft. Es zeugt von tiefem Misstrauen gegenüber AusländerInnen – zumindest jenen, die ohne Geschäftsinteressen ins Land kommen. So muss fortan jede aus dem Ausland finanzierte Aktivität von der Öffentlichen Sicherheit, einer noch zu identifizierenden Aufsichtsbehörde, und der jeweiligen Lokalregierung genehmigt werden. Und Artikel 20 verbietet zudem, dass über die Projektverträge hinaus «geheime Vereinbarungen» getroffen werden, die die Partnerorganisation oder die Zielgruppe dazu verpflichten, gegen chinesische Gesetze zu verstossen. Weil das ja bekanntlich auch die meisten NGOs in China beabsichtigen.

Als Mitarbeiter einer ausländischen Non-Profit-Organisation wusste ich schon lange, dass mich die Staatssicherheit verdächtigt, die nationale Einheit zu gefährden und die soziale Stabilität zu untergraben. Und dass sie sich für meinen Computer interessiert. Was mich dann aber doch überrascht hat, war eine Reihe von E-Mails, die ich im November erhalten habe.

Der Betreff des ersten E-Mails verhiess eine «Einladung zur Vortragsreihe ‹Ökologisches Finanzwesen›». Absender: eine chinesische Umweltschutzstiftung zur «Verbesserung von Lebensqualität sowie Gruppeneffektivität und -effizienz». Die zweite betraf eine «China-Hongkong-Gemeinnützigkeits- und Wohltätigkeits-, Austausch- und Studienkonferenz». Absender: Rotary China. Dann eine «Einladung zur Internationalen Studienkonferenz Religion und nachhaltige Entwicklung» von Rotary Shanghai. Schliesslich eine «Einladung zur Abschlusskonferenz des China-Zivilgesellschaft-Gender-Netzwerk-Projekts». Angeblich von Fu Tao, einem Exmitarbeiter des China Development Brief, den ich zufällig persönlich kenne. Im Betreff ist allerdings abweichend von der «China Association for International NGO Cooperation» die Rede, und unterschrieben hat auch nicht Fu Tao, sondern ein gewisser Qi Chunyan.

Zuletzt kam noch Post zu einem «Jugendbeschäftigungsprojekt der Europäischen Union», wieder von einer Umweltschutzstiftung.

Im Anhang aller Mails war eine Datei im .rar-Format, hinter der sich ein Virus im .exe-Format verbarg. So viele Versuche! Aber jedes Mal eine exakt 583 Kilobyte grosse Datei. Entweder sind die Leute von Chinas Staatssicherheit manchmal ein bisschen faul. Oder sie halten mich einfach für ein bisschen doof.

Dirk Reetlandt wohnt und arbeitet in Beijing und besitzt ein hervorragendes Antivirenprogramm.