Rück- und Ausblick: Irgendwann gibt es nur noch Frauen auf der Welt

Nr. 51 –

Das postfaktische ABC zum vergehenden Jahr empfängt auch Botschaften aus der Zukunft – Achtung, Frau Merkel!

A

A wie AUNS: Der rückwärtige Dienst der SVP lanciert in seiner Trump-Euphorie eine Initiative gegen die Personenfreizügigkeit mit der EU. Durch diesen ANUS muss sie ja kommen, die «Durchdrückungsinitiative».

B

B wie Big Data: Damit wir Ihnen in Zukunft noch bessere und auf Sie persönlich zugeschnittene Angebote präsentieren können, sind Sie angehalten, ab 1. Februar 2017 den Speicherplatz Ihres Computers zu vergrössern, damit unsere Hacker bequemer darin herumhacken können.

B wie Burkaverbot: Seit der Diskussion um das Burkaverbot sieht man auf den Strassen überall Frauen, die keine Burka tragen.

B wie Brexit: «Brexit» hätte man vor zwei Jahren noch für einen Gipsstoff für das Bauwesen gehalten. Doch der schmissige Name steht für das Jammertal, in das die Europa vorgelagerte Fischerinsel Grossbritannien geschlittert ist. Deren BewohnerInnen wollten eigentlich nur wieder in Ruhe fischen wie ihre UrahnInnen und beschlossen, ihre Finanzindustrie und ihre Wirtschaft zu vertreiben, indem sie alle Brücken aufs Festland niederrissen. Doch nun gibt es viel mehr BritInnen als Fische, und die wenigsten von ihnen können überhaupt fischen. Deshalb weichen immer mehr auf die Jagd aus. Es wimmelt zum Glück von AusländerInnen.

B wie Bhumibol: «Bhumibol» hätte man vor zwei Jahren noch für eine Mundwassermarke gehalten. Doch es war der Name des im Oktober verstorbenen langjährigen Königs von Thailand, der Milliardär war und den man, wie andere Milliardäre auch, nicht beleidigen durfte.

B wie Böhmermann: Der Satiriker Jan Böhmermann legte sich mit dem Staatspräsidenten Erdogan aus Ankara an und brachte Kanzlerin Merkel in die Bredouille. Hinter dem Gedicht stand zu 283 Prozent Fethullah Gülen. Warum sonst hätte Böhmermann, der ausser seinem an Döner gemahnenden Namensanfang nichts Türkisches an sich hat, sich überhaupt in die türkische Innenpolitik mischen sollen?

D

D wie doch: Doch wurden schon vorher andere Satiriker von Erdogan mit Klagen bedroht, so die deutschen Zeichner Greser & Lenz wegen eines Hundes namens Erdogan. Nicht in die Klagewelle geschafft hat es der Autor mit dem Bild «Erdogan entdeckt seinen Putin», auf dem man einen Mann sieht, der in seine Unterhose blickt. Politiker, die mit Satirikern Gewinn machen wollen, werden auch 2017 nicht zu kurz kommen: Bei der neuen deutschen Ausgabe von «Charlie Hebdo» ist mit einer Klage noch viel Geld zu holen. Ein weiterer attraktiver Player mit offener Flanke für KlägerInnen ist das neue SRF-Format «Deville».

D wie «Durchsetzungsinitiative»: Das euphorisierende «Nein» vom Februar wirkt schon so alt wie eine verblichene Fotografie aus der Kindheit.

E

E wie das Ende des «Westens»: Seit die USA und Grossbritannien den «Westen» verlassen haben, müssen wir uns die Welt wieder so vorstellen, wie sie vor den Welterkundungen Christoph Kolumbus’ ausgesehen hat.

F

FC wie Fidel Castro: Der kubanische Innenverteidiger und frühere Stürmer starb im hohen Alter von 96 Jahren in Havanna, das er komplett fertig geraucht hat.

G

G wie Gotthard: Der neue Leuthardbasistunnel ist schon ganz normal und fügt sich in unser Denken ein. Seine schwarze Farbe passt ausgezeichnet zum Jahr 2017.

G wie Grossbritannien: Das Taiwan Europas wird neu auch als «Nationaleuropa» bezeichnet. Doch für die EU gibt es nur die Einstaatenpolitik, die zur Wiedervereinigung mit der abtrünnigen Insel führen soll.

G wie Gestorbene: Bäckereirocker Gölä allein reicht nicht, um die Ausfälle zu kompensieren: Die Popwelt verlor grosse Persönlichkeiten. Prince, Leonard Cohen oder David Bowie an das Jenseits und Bob Dylan an die Literatur. Das Starwesen überhaupt wurde dezimiert: Brangelina starb, Boxlegende Muhammad Ali, grosse Vertreter der Barttragpflicht, Götz George, Bud Spencer, Fidel Castro, Manfred Deix, der erste Amerikaner im All, John Glenn, der sechste Mann auf dem Mond, Ed Mitchell, der Historiker Ernst Nolte, Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel, praktisch alle deutschen Politikerinnen und Politiker: Hildegard Hamm-Brücher, Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher, Sigmar Gabriel, Guido Westerwelle (Prost, Helmut!). Frauen starben 2016 viel weniger als Männer, was statistisch erwiesen ist. Margot Honecker dürfte dabei die bekannteste sein. Irgendwann gibt es nur noch Frauen auf der Welt. Schon heute warnen viele rüstige Männer vor diesem biologischen Fehlzustand, den wir nur dem Feminismus und Jolanda Spiess-Hegglin zu verdanken haben. Weil Frauen sich weigern, Kinder (Buben!) in die Welt zu setzen, und gleichzeitig nicht mehr bereit sind zu sterben. Allein 2017 werden 182 913 748 Kinder nicht auf die Welt kommen und 184 728 103 Frauen nicht sterben.

G wie Gülen-Bewegung: Was Lambada für 1988 und der Ketchup-Dance für 2002, war die Gülen-Bewegung für 2016: der Tanz des Jahres.

I

I wie Inländervorrang ist das Resultat der sogenannten Masseneinwanderungsinitiative. «Inder statt Kinder» hiess es früher, heute heisst es «Inländer statt Inder». Wer jemanden anstellen wird, muss zuerst die EU um Erlaubnis fragen, dann die SVP, dann den Bundesrat, und dann muss er noch eine solche Inländerin oder einen solchen Inländer finden. Ein enormer bürokratischer Aufwand, ersonnen und erstunken von FDP, CVP und SVP.

Die Regierung von Inland, das wie die Schweiz Nicht-EU-Mitglied ist, hat bereits angekündigt, 2017 Tausende ihrer verarmten Bürgerinnen und Bürger in die Schweiz zur Anstellung zu schicken.

M

M wie Merkel: Die Altkanzlerin ist nicht zufrieden mit ihrer jungen Nachfolgerin. Wiederholt hat sie Frauke Petry als «Kohls Mädchen» bezeichnet. Denn ohne Helmut Kohl gäbe es nicht den Euro und ohne Euro nicht die AfD.

P

P wie postfaktisch: Der «Postpacktisch» (jörgschneiderscher [R. I. P] Kasperliverdreher) stand 2016 in Konkurrenz zum Postroboter, aber der Postfaktismus hat gewonnen, weil er halt Träger des diesjährigen «Wort des Jahres»-Preises ist, und mit sympathischen Preisträgern gibt man sich lieber ab als mit automatischen Briefträgern. Die Diskussion über die «post-truth politics» liess leider vergessen, dass die Unwahrheit nicht erst mit «Breitbart News» und Donald Trump in unsere Stuben gekommen ist, sondern so alt wie Politik und Medien ist. Viele Menschen begannen schon, den hehren Zeiten nachzutrauern, als Hitlers Tagebücher im «Stern» veröffentlicht wurden oder Colin Powell vor der Uno-Vollversammlung von Saddams Atombomben erzählte.

R

R wie Russland: Noch fürchten wir uns vor Tisa und TTIP. Doch 2017 wird uns vor allem der TPP beschäftigen, der Trump-Putin-Pakt.

S

S wie Schweizer Unternehmen: Die meisten börsenkotierten Schweizer Unternehmen werden die neu anfallende Bürokratie zur Inländersuche 2017 nach Indien auslagern.

SH wie Shaqiri: Das schönste Tor der Fussball-EM schoss unser Xherdanli. Die Kosovo-Albaner sind die Schweizer Italiener des Jahres und haben die vorderen Positionen an unserer Ausländerhass-WM an die Syrer, Afghanen und Eritreer abgegeben.

SP wie SVP: Beide Parteien zieht es nach rechts. Wäre die Schweizer Politik ein Auto, hätte man sie schon vor Jahren aus dem Verkehr gezogen.

S wie Syrien: Aleppo, die Stadt, aus der die bösen unechten Flüchtlinge kommen, die den wahren Bürgern Europas die Arbeitsstellen und Frauen wegnehmen, liegt am Schluss des Jahres komplett am Boden. Die Häuser zermalmt, die Menschen tot oder schwer verletzt, die Seelen geschunden. So sah Berlin 1945 aus, aus dessen Ruinen die Eltern der wahren Bürger Europas hervorgekrochen kamen. Die Menschen lernen nicht, trotz aller Lernsoftwaren, Bildungszentren für Erwachsene und Hintergrundberichterstattungen.

T

T wie Putin: Der neue amerikanische Präsident waltet, wie er will. Er ist noch nicht mal im Amt und hat schon mehr versiebt als Richard Nixon, Jimmy Carter und George W. Bush in ihrer ganzen Karriere. Seit Trump China vertäubt hat, ist für die Hälfte der AmerikanerInnen jeder Trump-Gegner entweder Kommunist oder Islamist.

T wie Tschäppät: In Bern ging die Ära Tschäppät zu Ende. Der Sozialist herrschte seit der Revolution 1959 über die Stadt.

U

U wie Unternehmenssteuerreform III: Ein Unwort, bei dem der Bürger irgendwo in der Mitte mit Lesen aufhört. Etwas unternehmen ist immer gut, denkt er. Und auf der Werbung ist so viel rot, und Schweizerkreuze hats auch drauf. Also ist dieses komplizierte Wort sicher okay. 2017 stimmt er natürlich Ja für das Volk und die schöne Schweiz.

W

W wie Weltgeschichte: Wenn es denn wirklich wahr ist, ist am Sieg Donald Trumps ein E-Mail-Verschreiber des Clinton-Wahlkampfchefs John Podesta mitschuldig, der ein angeblich von Google stammendes Phishing-E-Mail («Ändern Sie sofort Ihr Passwort») in einem internen E-Mail an sein Wahlkampfteam versehentlich als harmlos bezeichnete («a legitimate email» statt «an illegitimate email»), worauf einige der Aufforderung folgten. Auf diese Weise ermöglichte Podesta russischen Hackern, ins Computersystem der Demokratischen Partei einzudringen. Umso ärgerlicher wäre es, wenn die automatische Schreibkorrektur aus «illegitimate» ein «legitimate» gemacht hätte. In diesem Fall wäre Trump ein Produkt des Roboterwillens und nicht mehr des Volkswillens.

Z

Z wie zweitausendsiebzehn: Wir wünschen dem neuen Jahr viel Kraft und Durchhaltewillen!