Was weiter geschah: Die Hölle für JournalistInnen

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«Ihr solltet euch schämen, dass eine Schriftstellerin ihre Literatur in einem Gerichtssaal und flankiert von Gendarmen verteidigen muss», sagte Asli Erdogan letzten Donnerstag in ihrem Plädoyer vor einem Istanbuler Gericht. Die türkische Autorin und Kolumnistin wurde im August wegen ihrer Mitarbeit bei der inzwischen geschlossenen prokurdischen Zeitung «Özgür Gündem» verhaftet. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, die «Terrororganisation PKK» zu unterstützen. Wer sich für die kurdische Opposition einsetzt, ist in den Augen der Anklage UnterstützerIn – wenn nicht sogar Mitglied – der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.

Im Prozess ordnete das Gericht schliesslich die Entlassung der im Gefängnis erkrankten Erdogan sowie zweier weiterer Angeklagter aus der Untersuchungshaft an. Allerdings dürfen sie das Land nicht verlassen, der Prozess wird im Januar weitergeführt. Ihnen drohen bis zu fünfzehn Jahre Haft.

Asli Erdogan ist eine von über 150 türkischen Autorinnen und Journalisten, die in Haft sind. Ende Dezember wurde auch der prominente Journalist Ahmet Sik festgenommen, weil er Staatsorgane beleidigt und Propaganda für eine Terrororganisation betrieben haben soll. Auf der «Rangliste der Pressefreiheit» von Reporter ohne Grenzen ist die Türkei auf Platz 151 von 180 Ländern. «Die Türkei ist vollständig zur Hölle für Journalisten geworden», sagt denn auch Baris Yarkadas, Abgeordneter der oppositionellen Republikanischen Volkspartei CHP, und er betont, der Fall Asli Erdogan hätte nie vor Gericht gebracht werden dürfen.

Nachtrag zum Artikel «Asli Erdogan: Im Sumpf aus Gewalt und Folter» in WOZ Nr. 34/2016 .