Im Affekt: Nur keine Babykatzen treten

Nr. 11 –

Von Totalitarismus, Intoleranz und Meinungsterror der «Kulturlinken» war die Rede, als kürzlich Widerstand laut wurde gegen eine Diskussionsrunde in der Zürcher Gessnerallee mit dem AfD-Mann Marc Jongen als Stargast. Die NZZ behauptete nach Absage der Veranstaltung («Sicherheitsrisiko»!) gar, die KritikerInnen hätten «ein gewaltiges Medienspektakel» entfesselt, obwohl kaum ein Schweizer Medium den Widerstand gegen das Podium unterstützt hatte.

Wie dagegen rechter Meinungsterror aus wirklich gewaltigen medialen Kanonen funktioniert, darf man derweil im Nachbarland Österreich beobachten. Dort hat Stefanie Sargnagel, Schriftstellerin und Aktivistin der einzigen weiblichen Burschenschaft Hysteria, den geballten rechten Hass des Hetzblatts «Kronen Zeitung» und seiner LeserInnen auf sich gezogen. Es geht dabei um ein in der Zeitung «Standard» abgedrucktes Reisetagebuch, in dem Sargnagel, beherzt wie immer, eine Marokkoreise verhandelte. Es war die Rede von «13 Flaschen Wein» trinken, «eine Babykatze zur Seite treten» und dass der Kölner Hauptbahnhof «echt zuviel versprochen» habe. Ironie muss man schon können, aber auch sonst war der Text unschwer als Satire identifizierbar.

Nur nicht für den Chefredaktor der auflagenstärksten Zeitung Österreichs: Unter dem Titel «Saufen und Kiffen auf Kosten der Steuerzahler» verwies er auf 750 Euro Kulturfördergeld, mit dem Sargnagels Reise unterstützt worden sei, da sie in Marokko ihren Roman fertig schreiben sollte. Er startete so eine brutale Hetzjagd. In der Kärntner Ausgabe der «Kronen Zeitung» wurde die Privatadresse der Autorin publiziert, woraufhin die «Fäkalautorin» in den Kommentarspalten «an die wand gestellt», in ein «Arbeitslager gesteckt» und zur Massenvergewaltigung freigegeben wurde. Facebook wiederum sperrte nicht etwa die Accounts der rechten Hetzer, sondern denjenigen von Stefanie Sargnagel, der unterdessen wieder freigeschaltet wurde. Die Pointe? Vorläufig keine.

Sargnagel wehrt sich bewundernswert selbstironisch im Netz. Konsequenterweise auch gegen Solidarisierungen, die sie einen «unangenehmen Lovestorm» nennt.