Von oben herab: Agenda 2017

Nr. 12 –

Stefan Gärtner nennt fünfzig Möglichkeiten, das Richtige zu tun

1) Eine neue Weltwirtschaftsordnung entwerfen.
2) Einem arabischen Flüchtling das ABC beibringen (z. B. der Geldwäsche).
3) Einem Nazi erklären, dass ein Molotowcocktail viel besser schmeckt, wenn man statt Benzin Rivella blau verwendet.
4) Roger Köppel freundlich den Mund verbieten.
5) Eine Volksinitiative zum Verbot, Mobiltelefone in öffentlichen Verkehrsmitteln zu benutzen, auf den Weg bringen.
6) Mal wieder richtig ausschlafen.
7) Einer Frau die Tür aufhalten.
8) Einem Mann die Tür aufhalten.
9) Ein Eis nicht in einer «Eismanufaktur», sondern in einer Eisdiele kaufen.
10) Ein gutes Buch lesen (z. B. «Putins Weiber», Rowohlt Berlin, Fr. 26.90).
11) Ein gutes Buch schreiben, also eins, in dem es weder um Heimat noch um Familie noch überhaupt um «Kleinstadtenttäuschung, Hitler, DDR, Krebs und solchen Unsinn» (Dietmar Dath) geht.
12) Alle Bücher von Juli Zeh, die man hat, wegwerfen.
13) Auch alle Bücher von Juli Zeh, die man nicht hat, wegwerfen (bei anderen).
14) Freunde, Nachbarinnen, Fremde auf der Strasse bitten, alle Bücher von Juli Zeh wegzuwerfen.
15) Dafür sorgen, dass Flüchtlinge Deutsch nicht mit Büchern von Juli Zeh lernen.
16) Nazis mit Büchern von Juli Zeh bewerfen.
17) Das nächste Auto eine Nummer kleiner kaufen.
18) Das nächste Auto zwei Nummern kleiner kaufen.
19) Das nächste Auto einfach weglassen.
20) Ruedi Widmer einen schönen Tag wünschen.
21) Frank-Walter Steinmeier eine Postkarte schreiben und fragen, ob er als Bundespräsident nicht aufhören will, diese schlechten Anzüge zu tragen.
22) Eine Volksinitiative zum Verbot, mehr als ein Stück Funktionskleidung auf einmal anzuhaben, auf den Weg bringen.
23) Sportmoderatoren verpflichten, sich altersgemäss anzuziehen und mit spätestens vierzig von der Kombi T-Shirt/Sakko/Turnschuhe Abstand zu nehmen, weil das würdelos und lächerlich ist und den allwaltenden gesellschaftlichen Zwang zur falschen Zwanglosigkeit modelt.
24) Adorno lesen.
25) Sich die nächste Tätowierung sehr gut überlegen.
26) Mal so richtig die Seele baumeln lassen.
27) Auf sich halten.
28) An sich halten.
29) Noch mal «(500) Days of Summer» gucken, wo Zoe Deschanel zu Joseph Gordon-Levitt sagt: «In college, they used to call me anal girl … I was very neat and organized.» 30) Googeln, bevor man Zooey Deschanel hinschreibt.
31) Mal wieder (mit dem Zug) durch die Schweiz fahren.
32) Beim Zugfahren die Geräte Geräte sein lassen und einfach aus dem Fenster sehen.
33) Seine Kinder in diesem Sinne erziehen.
34) Den Verlust der Öffentlichkeit (Habermas, Sennett u. a.) bedauern und ihm durch gutes Benehmen entgegentreten.
35) Nicht in Läden einkaufen, in denen man von älteren Verkäuferinnen geduzt wird.
36) Den Impuls unterdrücken, aus Langeweile bei «Spiegel Online» vorbeizuschauen.
37) Den Impuls unterdrücken, aus Langeweile zum Shoppen nach New York zu fliegen.
38) Dem Impuls stattgeben, Martin Schulz (SPD) für einen populistischen Heuchler zu halten.
39) Sich aus Freude über das Verschwinden von Oskar Freysinger einen alten Zopf abschneiden.
40) Genügend Trinkgeld geben.
41) Nichts kaufen, was man nicht braucht.
42) Weniger Fleisch essen.
43) Sich tagelanges Serienglotzen nicht als Kulturleistung verkaufen lassen.
44) Nicht zu dogmatisch werden.
45) Trotzdem nichts von Apple besitzen.
46) Und alle, die die Hinterlassenschaften ihres Hundes nicht wegmachen, zwingen, mit beiden Schuhen hineinzutreten.
47) Mal wieder «bitte» statt «gerne» sagen.
48) Sich einen schönen Tag machen.
49) Morgen auch.
50) WOZ lesen.
Los gehts!

Stefan Gärtner (BRD) war Redaktor bei der «Titanic» und ist heute Schriftsteller und «linksradikaler Satiriker» («Die Zeit»). An dieser Stelle nimmt er sonst das Geschehen in der Schweiz unter die Lupe.