Krise der Credit Suisse: Eine Bank sucht neue Risiken

Nr. 14 –

Zehn Jahre ist es her, seit in den USA die grosse Finanzkrise losbrach, doch die Schweizer Grossbank Credit Suisse (CS) steckt nach wie vor tief im Sumpf. Letzte Woche wurden ihre Filialen in London, Paris und Amsterdam von lokalen Behörden durchsucht: KundInnen stehen im Verdacht, über die CS Steuern hinterzogen und Geld gewaschen zu haben. Wie sehr dies dem Ruf der Bank schadet, zeigt ihre Reaktion: Sie schaltete in grossen Zeitungen doppelseitige Inserate, in denen sie beteuerte, dass bei ihr für solche illegalen Geschäfte «Nulltoleranz» gelte.

Doch die Probleme der CS reichen viel tiefer. Die Bank schleppt seit der Finanzkrise einen Berg an faulen Papieren mit sich herum. Tidjane Thiam, der im Juli 2015 die Führung der Bank übernahm, brachte diesen Berg von 137 auf 14 Milliarden Franken herunter, das führte jedoch zu jährlichen Milliardenausfällen. Nach der Busse von 2,8 Milliarden US-Dollar, die die Bank 2014 von den USA wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung kassierte, kamen letztes Jahr 2,5 Milliarden wegen Tricksereien mit US-Hypotheken hinzu. Resultat: 2015 schrieb die Bank einen Verlust von 2,9 Milliarden Franken, letztes Jahr waren es weitere 2,4 Milliarden.

Wie es um die CS steht, zeigt ihr Aktienkurs. Seit 2007 ist er von 77 auf 15 US-Dollar gestürzt. Die CS leidet jedoch nicht nur unter ihrer Vergangenheit, mit der Thiams Vorgänger Brady Dougan lange nicht aufräumte, weil er als der potente Gockel mit den steilen Quartalszahlen dastehen wollte. Die Probleme liegen auch in der Gegenwart: Die ganz fetten Jahre sind vorbei. Die Regulierungen, die den Banken seit der Finanzkrise auferlegt wurden, lassen nicht mehr jedes Hochrisikogeschäft zu. Zudem kommt die Wirtschaft nicht mehr wirklich in Fahrt, was das Geschäft ebenfalls trübt. Das grösste Problem sind jedoch die tiefen Zinsen, mit denen die Zentralbanken seit Jahren die Konjunktur anzufeuern versuchen: Die Bank bekommt für das Geld, das sie ausleiht, nur noch wenig Rendite.

Mit all diesen Problemen steht die CS nicht alleine da. Vor allem in Europa kommt das Geschäft seit Jahren nicht mehr in Gang. Der Aktienkurs der UBS etwa ist seit der Finanzkrise von 65 auf 16 US-Dollar gefallen, jener der Deutschen Bank von 147 auf 17 US-Dollar.

Wie Geld verdienen? Das ist die ganz grosse Frage, die sich die Finanzwelt stellt. Was hinter den Razzien auf CS-Filialen steckt, ist unklar. Insbesondere ist unklar, ob die verdächtigen Konten jüngeren Datums sind oder ob es sich um Altlasten handelt. Sicher ist jedoch, dass die Bank auf der Suche nach Rendite anderswo neue Risiken eingeht. Das gilt etwa für ihr globales Vermögensverwaltungsgeschäft, auf das sie nun setzt. Wie der Chef der Finanzmarktaufsicht (Finma), Mark Branson, warnt, seien vor allem Geschäfte mit KundInnen aus Schwellenländern mit hohen Geldwäschereirisiken verbunden, weil oft nicht sicher sei, woher das Geld stamme. Anders als für viele Industriestaaten, mit denen die Schweiz seit Anfang Monat einen automatischen Informationsaustausch über Bankdaten unterhält, gilt für diese Länder zudem das Bankgeheimnis.

Auch in anderen Geschäftsbereichen geht die Credit Suisse fragwürdige Deals ein. In Indonesien hat die Bank trotz lauter Kritik von UmweltschützerInnen über Jahre die Kohleförderung finanziert. In North Dakota (USA) ist sie zudem massgeblich an der Finanzierung einer hoch umstrittenen Ölpipeline beteiligt, die an einem Reservat von Sioux vorbeiführt, die um ihr Trinkwasser fürchten. Die Proteste gegen das im Dezember letzten Jahres eingestellte Projekt, das unter US-Präsident Donald Trump nun wieder aufgenommen wurde, schlug die Polizei mit äusserster Härte nieder (vgl. «Besuch aus Amerika» ).

Das eigentliche Problem der CS-Führung ist jedoch nicht, dass das Geschäft nicht mehr blüht wie vor der Finanzkrise 2007. Das Problem ist, dass sie nicht wahrhaben will, dass das normal ist. Schliesslich baute sich in diesen Jahren eine gigantische Finanzblase auf. Diese Realitätsverweigerung zeigt sich in den 11,9 Millionen Franken, die Thiam trotz Milliardenverlusten für 2016 einsackt.