Kampf um die US-Geschichte: Sklavenhalter vom Sockel!

Nr. 33 –

Noch stehen in den USA rund 700 Monumente und Statuen von Soldaten, Generälen und Anführern der rassistischen Südstaatenkonföderation, die sich 1861 zur Verteidigung der Sklaverei gebildet hatte und dem Land einen Bürgerkrieg bescherte. Weil eine dieser Statuen – sie steht in Charlottesville, Virginia, und zeigt General Robert E. Lee hoch zu Pferd – entfernt werden soll, versammelten sich vergangenes Wochenende Hunderte Nazis, RassistInnen und Angehörige rechter Milizen. Sie versetzten dabei die Stadt in Angst und Schrecken. Schwarze wurden verprügelt, auf AntirassistInnen wurde wild eingeschlagen. Ein Rechtsextremist fuhr mit seinem Auto in eine Gruppe von GegendemonstrantInnen, tötete dabei die 32-jährige Heather Heyer und verletzte neunzehn Menschen zum Teil schwer.

Lange wurde das Stehenlassen der Konföderationssymbole als Teil der Versöhnung nach dem Bürgerkrieg verharmlost. Dabei waren sie schon immer eine Demonstration weisser Herrschaft. Die meisten Statuen wurden auch nicht unmittelbar nach dem Bürgerkrieg errichtet, sondern zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als man die theoretisch freien Schwarzen wieder Stück für Stück ihrer Rechte beraubte und eine strikte «Rassentrennung» einführte.

Die Präsenz der Statuen vermittelte die Botschaft, dass der Kampf der Konföderation an sich gerecht und richtig gewesen sei. Die Robert-Lee-Statue in Charlottesville wurde 1924 nach einer Prozession von Kriegsveteranen und ihren Söhnen enthüllt, wie das Magazin «Atlantic» schreibt. Der Ku-Klux-Klan stand damals mit vier Millionen Mitgliedern auf dem Höhepunkt seiner Macht. Lee, ein skrupelloser Sklavenhalter, wurde an diesem Tag als der «bedeutendste Mensch, der je lebte» bezeichnet.

Spätestens seit am 17. Juni 2015 der Rassist Dylann Roof in einer Kirche in Charleston, South Carolina, neun AfroamerikanerInnen erschoss, wird der Ruf nach der Entfernung solcher Symbole immer lauter. Vor der Tat hatte Roof auf einer Website mit einer Konföderiertenflagge und der Tatwaffe posiert. Die Bundesstaaten South Carolina und Alabama mussten diese Flaggen nach dem Massaker von ihren Regierungssitzen entfernen. Und auch die Statuen gerieten in die Kritik: In New Orleans beschlossen die Behörden als Reaktion auf das Attentat, ein bronzenes Robert-Lee-Monument von einer achtzehn Meter hohen Säule entfernen zu lassen.

Natürlich ist es falsch, die Statuen einfach nur abzumontieren. Sie sind Teil der Geschichte und sollen als solche auch in Erinnerung bleiben. Doch dafür müssen sie nicht weiterhin im öffentlichen Raum Platz einnehmen. Stattdessen könnten Tafeln und Fotografien vor Ort angebracht, die Statuen ins Museum gestellt und ihre Bedeutung historisch eingeordnet werden.

In Charlottesville hatte unter anderem die Schülerin Zyahna Bryant mit einer Onlinepetition die Diskussion um die Lee-Statue entfacht. Sie schreibt, dass sie sich als afroamerikanischer Teenager jedes Mal beleidigt gefühlt habe, wenn sie an einer Statue vorbeigegangen sei, die für die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung stehe. Man kann solche Forderungen schnöde als Political-Correctness-Getue abtun. Doch sie sind der Beleg dafür, dass eine neu politisierte Generation begreift, wie durch Symbole Unterdrückung ausgeübt wird.

Die Nazis und Klan-Leute wissen das. Und genau darum geht es ihnen: die Vorherrschaft der «weissen Rasse». Seit der Wahl von Donald Trump fühlen sie sich bestärkt. Wie der US-Präsident suggerieren sie, die Weissen würden marginalisiert. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Schwarze und Latinos werden in den USA nach wie vor systematisch benachteiligt. Sie erhalten eine schlechtere Bildung, sind öfter arbeitslos, bekommen weniger Lohn und landen öfter im Gefängnis.

Allerdings betreiben die Rechtsradikalen ein Rückzugsgefecht. Ihr Auftritt in Charlottesville beschleunigt das Ende der Sklavenhalter-Statuen nur: So haben AktivistInnen in der Unistadt Durham, North Carolina, am Montagabend schon mal selbst Hand angelegt und eine Konföderiertenstatue vom Sockel geholt.