Ausnahmezustand II: Hausarrest heisst jetzt Kontrollmassnahme

Nr. 39 –

Seit dem 13. November 2015, als Terrorkommandos mordend durch Paris zogen, herrscht in Frankreich der Ausnahmezustand. Sechs Mal wurde dieser verlängert. Die gute Nachricht: Auf Initiative von Präsident Emmanuel Macron soll damit nun Schluss sein. Die schlechte: Das von der Regierung lancierte neue Antiterrorgesetz, das diese Woche in der Nationalversammlung diskutiert wurde und am 3. Oktober zur Abstimmung steht, überführt zahlreiche Notstandsbestimmungen ins reguläre Recht. KritikerInnen befürchten, dass damit der Ausnahmezustand juristisch verewigt wird.

Innenminister Gérard Collomb verweist dagegen auf die vielen Anschläge, die die Behörden dank der Erweiterung ihrer Befugnisse vereitelt haben wollen. Organisationen wie Human Rights Watch warnen dennoch, dass die Massnahmen staatliche Willkür begünstigen, was sich etwa anlässlich des Klimagipfels in Paris Ende 2015 gezeigt habe, als unter anderem Demonstrationen verboten wurden. Zudem sei die Wirksamkeit der Ausnahmeregelungen zur Terrorprävention nie wirklich evaluiert worden.

Die Vorlage der Regierung sieht einige kosmetische Verschönerungen vor: Aus «Überwachungszonen» werden «Sicherheitszonen», aus dem «Hausarrest», der erteilt werden kann, auch ohne dass dem oder der Betroffenen eine konkrete Straftat vorgeworfen wird, werden «individuelle Kontrollmassnahmen».

«Auch wenn es legitim ist, entschlossen gegen den Terrorismus vorzugehen, sind wir davon überzeugt, dass es notwendig ist, dass wir uns auf die Kraft unserer Demokratie und unsere Institutionen stützen, ohne von deren Prinzipien abzuweichen oder vom Gleichgewicht der Gewalten», appellierte die Liga für Menschenrechte. In Fragen der inneren Sicherheit hat sich der Diskurs aber so weit nach rechts verschoben, dass derlei Einwände ungehört verhallen dürften.