Was weiter geschah: Bern will Wohnwagen wegweisen

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Umstritten waren sie von Anfang an: die Wegweisungsartikel. Nach der Jahrtausendwende schrieben verschiedene Kantone und Städte Artikel in ihre Polizeigesetze, mit denen die Polizei Menschen aus dem öffentlichen Raum wegweisen kann – meist nicht wegen strafbaren, sondern wegen «störenden» Verhaltens. Nun möchte der Grosse Rat des Kantons Bern einen ganz besonderen Wegweisungsgrund in das revidierte Polizeigesetz aufnehmen: «unerlaubtes Campieren auf privatem und öffentlichem Boden». Alle wissen, worauf dieser Artikel abzielt: auf ausländische Fahrende. Letzten Sommer wehrten sich BewohnerInnen von Wileroltigen bei Kerzers massiv gegen den geplanten Transitplatz auf ihrem Gemeindegebiet, ihre Facebook-Gruppe musste wegen rassistischer Äusserungen geschlossen werden.

«Der neue Wegweisungsartikel ist diskriminierend, er trifft eine verletzliche Gruppe und ist im historischen Kontext unhaltbar», sagt die grüne Grossrätin Simone Machado Rebmann. Der Artikel könnte durchaus auch gegen andere verletzliche Personen angewendet werden, etwa zeltende Obdachlose. Aber im Grundsatz sei er «für die Galerie»: «Die Polizei kann nicht Menschen mit Wohnwagen wegweisen, ohne ihnen einen Transitplatz anzubieten.»

Das bekräftigt Amnesty International: Solange die Berner Behörden ihre Aufgaben nicht gemacht hätten, könnten sie nicht polizeilich gegen Fahrende vorgehen, die sich auf privaten Grundstücken niederliessen. Für Simone Machado hat der neue Artikel zumindest eine positive Seite: «Er erhöht den Druck auf den Kanton, endlich Stand- und Transitplätze einzurichten.»

Der Kanton Bern bemühe sich weiterhin, einen Transitplatz für ausländische Fahrende umzusetzen, sagt Daniel Wachter, Vorsteher des Amts für Gemeinden und Raumordnung – auf dem Gebiet der Gemeinde Wileroltigen. «Es ist auf absehbare Zeit die einzige realistische Möglichkeit.» Das Gelände liegt direkt an der Autobahn A1, das Bundesamt für Strassen stellt es zur Verfügung. «Raumplanungsrechtlich steht einem Transitplatz hier kaum etwas im Weg.» Doch es ist zu erwarten, dass die GegnerInnen Rekurs einlegen. Der Rechtsstreit könnte Jahre dauern.

Nachtrag zum Artikel «Demo in Bern? Das macht 30 000 Franken, bitte!» in WOZ Nr. 3/2018 .