Kosovo und EU: Politik für Warlords

Nr. 7 –

Der Kosovo feiert zehn Jahre Unabhängigkeit, doch Partystimmung kommt nicht auf. Die Wirtschaft liegt am Boden, die Korruption grassiert, und an der Spitze des Staats stehen fragwürdige Exwarlords mit besten Kontakten zur kriminellen Halbwelt. Das Land konkurriert mit Moldawien um den wenig ruhmreichen Titel «ärmstes Land Europas». Die Uno und die EU haben kaum eines der Ziele erreicht, die sie sich vor zehn Jahren gesetzt hatten.

Der Kosovo ist nicht nur der jüngste Staat Europas, er ist auch der Staat mit der jüngsten Bevölkerung und einer Jugendarbeitslosenquote von rund sechzig Prozent. Die Jugend fordert Perspektiven: die einen, indem sie auf die Strasse gehen und die linksnationalistische Partei Vetevendosje unterstützen; die anderen, indem sie ihre Koffer packen und das Land verlassen, meistens in Richtung Schweiz, Deutschland oder Österreich.

Die sogenannte internationale Gemeinschaft (gemeint sind vor allem die USA und die EU, in geringerem Mass auch die Schweiz) muss sich die Frage stellen, warum ihre Strategien gescheitert sind, obwohl sie viele Milliarden Euro in ein kleines Land mit gerade einmal 1,8 Millionen EinwohnerInnen gesteckt hat.

Ohne die Bombardierung Restjugoslawiens durch die Nato und den darauffolgenden Einmarsch von 50 000 Soldaten würde es den Kosovo als unabhängigen Staat nicht geben. Weil grundlegende Aufgaben von Polizei und Rechtsstaat weiterhin von der Uno und der EU übernommen werden, bleibt das Land auch zehn Jahre nach seiner Unabhängigkeit quasi ein Protektorat.

Zeitweise über 2000 Angestellte hat die EU für die Rechtsstaatsmission Eulex entsandt, die beim Aufbau von Polizei, Justiz und Verwaltung helfen sollten. Die grosszügigen Gehälter der EU-BürokratInnen gelten dabei wie selbstverständlich als Hilfsgelder für den Kosovo. Der vielleicht grösste Effekt, den die Anwesenheit von Eulex hat, sind jedoch ausgelastete Luxushotels und eine Steigerung der Mieten im Zentrum Pristinas. Ein funktionierender Rechtsstaat existiert noch immer nicht. Eulex sollte helfen, die Korruption im Land zu bekämpfen, doch die mit Abstand grösste Auslandsmission der EU sieht sich selbst regelmässig mit schweren Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Eigentlich wollte die EU mit dem Einsatz beweisen, dass sie in der Lage ist, eine konkrete Aussen- und Sicherheitspolitik zu machen. Bewiesen hat sie nur, dass sie es nicht kann. Der Kosovo will die Rechtsstaatsmission nun auslaufen lassen.

Die Lage im Kosovo ist nicht trotz, sondern auch wegen der AusländerInnen so schlecht. Der sogenannte Westen ist an der Verwaltung des kleinen Territoriums gescheitert, weil er seine Politik auf bestehende Machtstrukturen und somit auf UCK-Warlords aufgebaut hat, die von der Korruption am meisten profitieren. Der Stabilität zuliebe akzeptierte man die Verhältnisse und machte die Warlords zu Partnern, statt demokratische Kräfte zu unterstützen. So gilt der Präsident Hashim Thaci vielen KosovarInnen mehr als Mafiaboss denn als Politiker. Ihm wird zudem vorgeworfen, als Anführer der Befreiungsbewegung UCK für schwere Kriegsverbrechen an Oppositionellen, Roma und SerbInnen verantwortlich gewesen zu sein. Was es über den Ministerpräsidenten Ramush Haradinaj zu wissen gibt, können Sie auf Seite 13 dieser Ausgabe lesen.

Zähneknirschend haben die Mächtigen im Kosovo kürzlich der Gründung eines internationalen Gerichts zugestimmt, das die Verbrechen der UCK während des Kosovokriegs untersuchen soll. Man sollte sich aber nicht zu viele Hoffnungen machen: Diejenigen, um die es geht, hätten nicht zugestimmt, wenn sie allzu viel zu befürchten hätten.

Die internationalen Institutionen im Kosovo sind so erfolglos, dass man fast meinen könnte, sie machten ihre Arbeit absichtlich so schlecht, um ihre Jobs für weitere Jahre zu sichern. Zynisch ist es derweil, wenn die BürokratInnen nun ihre «Erfolge» im Kosovo feiern. Viele von ihnen meinen, es sei schon ein ausreichender Fortschritt, dass nicht geschossen wird. Achtzehn Jahre nach dem Ende des Kriegs ist das zu wenig.