Neues aus der Wissenschaft: Doppelter Lohn dank Schnäbi

Nr. 11 –

Sie ärgern sich, dass nach jahrzehntelangen Anstrengungen Frauen für vergleichbare Arbeit noch immer deutlich weniger verdienen als Männer? Dann halten Sie sich fest: Im Kunstbetrieb ist Mann sich offensichtlich einig, dass die Leistungen von Frauen nur halb so viel wert sind wie diejenigen von Männern. Halb so viel!

Ein internationales Forschungsteam hat über eine Million Kunstauktionen untersucht, die weltweit zwischen 1970 und 2013 über die Bühne gingen und die Verkaufszahlen von 67 000 einzelnen KünstlerInnen spiegeln. Resultat: Wer ein Schnäbi hat, erzielt mit seinem Werk im Schnitt den doppelten Preis. Selbst wenn man Werke von Stars wie Rembrandt, da Vinci oder Picasso ausnimmt, wurde für Kunst von Frauen noch immer rund dreissig Prozent weniger bezahlt. Offenbar selbst vom Ergebnis ihrer Untersuchung schockiert, führten die ForscherInnen zwei Experimente durch. Im ersten sollten tausend ProbandInnen anhand von zehn Kunstwerken, die je zur Hälfte von Männern und Frauen stammten, das Geschlecht erraten und die Werke auf einer Skala von eins bis zehn bewerten. Natürlich konnte niemand anhand des Kunstwerks auf das Geschlecht schliessen. Aber: Wurde ein Werk für die Arbeit einer Frau gehalten, erhielt es eine tiefere Bewertung – und zwar von den männlichen Probanden.

Im zweiten Experiment liessen die ForscherInnen Gemälde mithilfe künstlicher Intelligenz von Computern erstellen und versahen diese willkürlich mit weiblichen und männlichen Künstlernamen. Dann legten sie die Bilder 2000 ahnungslosen Menschen zur Bewertung vor. Die meisten machten – welch ein Lichtblick! – keinen Unterschied. Ausser jene aus der Teilnehmergruppe «wohlhabend und regelmässiger Kunstgaleriebesucher»: Sie bewerteten die vermeintlich von Frauen gestalteten Werke durchweg schlechter.

Und was lernen wir daraus? Der hartnäckigste Sexismus hockt noch immer dort, wo sich die finanzielle Macht ballt.

Tipps und Hinweise, wie man sich als Künstlerin so radikal wie subversiv wehren kann, gibt die grossartige Siri Hustvedt in ihrem Roman «Die gleissende Welt» (2015).