Milos Forman (1932–2018): Der begnadete Feigling

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Nein, sagte er, diesen Andy Kaufman verstehe er bis heute nicht. Dabei hatte Milos Forman dem sonderbaren Komiker doch einen ganzen Film gewidmet: «Man on the Moon» (1999), dieses biografische Verwirrspiel über einen Mann, der einfach nicht zu fassen war in seinem Wirken zwischen kindlichem Witz und schierem Ärgernis. Aber wenn man einen Menschen so gar nicht versteht, wie kann man dann ein Biopic über ihn drehen? Ganz einfach, sagte Forman beim Interview vor bald acht Jahren, als er am Zurich Film Festival für sein Lebenswerk geehrt wurde: «Man beschreibt ihn so, wie man ihn sieht, auch ohne hinter die Maske oder in die Seele zu blicken.»

Ganz so einfach ist das natürlich auch wieder nicht, aber der zweifache Oscar-Preisträger hat damit sehr schön die Kunst des beiläufigen Blicks beschrieben, die schon sein Frühwerk ausmachte. Als er etwa ein Mädchen mit einem Koffer durch die Strassen von Prag streifen sieht, macht er daraus «Die Liebe einer Blondine» (1965), der häufig komische, zuletzt tieftraurige Film über die enttäuschten Hoffnungen einer jugendlichen Fabrikarbeiterin. Im Jahr davor hatte Forman in Locarno schon den Hauptpreis gewonnen, mit seinem Erstling «Der schwarze Peter» (1964). Und als er dann fast ein halbes Jahrhundert später in Zürich geehrt wurde, vergass er nicht, Freddy Buache zu danken, der die tschechische Nouvelle Vague einst als Leiter des Filmfestivals in Locarno international auf die Landkarte gesetzt habe.

Forman ist dann gerade in Paris, als in Prag die russischen Panzer auffahren. So verschlägt es ihn nach Hollywood, wo er mit Filmen wie «Einer flog über das Kuckucksnest» (1975) oder «Hair» (1979) schon bald einen neuen Mainstream der Gegenkultur mitprägt. Sei das nun Jack Nicholson als Aufständischer gegen das psychiatrische Regime oder dann der genialische Komponist in «Amadeus» (1984), sei es der Pornograf als besessener Kämpfer für die Redefreiheit in «The People vs. Larry Flynt» (1996) oder eben der exzentrische Komiker, der in «Man on the Moon» sein Publikum vor den Kopf stösst: Immer wieder feiert Forman in seinen Filmen solche widerständigen Fremdkörper, die die Gesellschaft, die sie umgibt, im Innersten aufwühlen.

Dabei, so sagte dieser Sympathisant des Aussenseitertums damals beim Interview in Zürich, sei er selber überhaupt kein Rebell: «Ich bin ein Feigling. Genau darum bewundere ich Rebellen.» Am 13. April ist Milos Forman im Alter von 86 Jahren gestorben.