Faschistentreffen in Kärnten: Sommer, Sonne, Nationalsozialismus

Nr. 20 –

In Österreich haben Tausende der einst mit Hitler alliierten kroatischen Ustascha-Bewegung gedacht. Veranstalter war die katholische Kirche.

Die Sonne knallt auf den Feldweg. Ein Mann mit entblösstem Oberkörper zeigt den Hitlergruss. Über seiner rechten Brust hat er eine Kirche tätowiert, über seiner linken eine Reiterstatue des mittelalterlichen kroatischen Fürsten Tomislav. Er wiederholt den Gruss mehrfach, die Polizei schreitet nicht ein.

Ein anderer Mann trägt sichtbar eine Hakenkreuztätowierung auf dem Oberarm, er wird von der Kärntner Polizei abgeführt. Man kenne den schon vom letzten Jahr, sagt einer der österreichischen BeamtInnen. Ganz in der Nähe steht eine Gruppe junger Männer, auf deren T-Shirts das Konterfei von Wehrmachtssoldaten und des kroatischen Faschistenführers Ante Pavelic zu sehen sind. Immer wieder brüllen sie «Za dom spremni» (Für die Heimat bereit), das kroatische Pendant zu «Sieg Heil».

Gedenken an NazikollaborateurInnen

Es ist eine kirchliche Veranstaltung, auf der sich all dies ereignet – vergangenen Samstag auf einem Feld im Kärntner Nirgendwo nahe der Stadt Bleiburg, unweit der Grenze zu Slowenien. Das Loibacher Feld ist zur Pilgerstätte der kroatischen Rechten geworden. Rund 10 000 Menschen sind gekommen, um der mit Hitler verbündeten Ustascha zu gedenken. Die meisten sind KroatInnen, auf dem Parkplatz sieht man auch viele Nummernschilder aus der Schweiz, Deutschland und Bosnien-Herzegowina. BeobachterInnen sprechen vom «grössten Faschistentreffen Europas». Dieses wird mit kroatischen Steuergeldern gefördert, auch ranghohe kroatische PolitikerInnen finden sich hier ein.

Die Rechten gedenken hier des Mai 1945, als die mit den Nazis verbündete kroatische Ustascha-Armee kurz nach der Kapitulation Deutschlands aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Kärnten in die britische Besatzungszone flüchtete. Die KollaborateurInnen wurden damals den jugoslawischen PartisanInnen ausgeliefert, woraufhin rund 45 000 von ihnen getötet wurden.

Auf dem Feldweg haben Unbekannte aus Protest «Tod dem Faschismus» auf Kroatisch auf den Boden gesprayt. Über die roten Lettern der Inschrift schreitet Ante Kutlesa hinweg, Pfarrer und Sprecher des Bleiburger Ehrenzugs, der diese Veranstaltung mit der kroatischen Bischofskonferenz organisiert. Es gibt in Kroatien enge Verbindungen zwischen Teilen der Kirche und dem rechten Rand.

Willkommenskultur für Rechte

Auf die Rechtsextremen bei der Veranstaltung angesprochen, bittet Pfarrer Kutlesa um «differenzierten Umgang» mit dem Faschistengruss «Za dom spremni» und sagt: «Das ist eine Veranstaltung mit 15 000 Leuten, da können wir doch nicht ausschliessen, dass auch Extremisten dabei sind.» TeilnehmerInnen, die faschistische Symbole tragen, will er aber auch nicht ausladen. «Wie würden Sie sich denn fühlen, wenn man Ihnen sagt, Sie seien nicht willkommen?»

Weniger Sinn für eine solche faschistische Willkommenskultur hat die Kärntner Diözese Gurk, die erklärte, man werde dieses Mal härter durchgreifen. Kein Alkohol mehr, keine faschistischen Symbole, keine politischen Reden – das waren die Bedingungen. Andernfalls werde man darüber nachdenken, die Veranstaltung im kommenden Jahr nicht mehr stattfinden zu lassen. Doch gegen jede einzelne dieser Auflagen wird bereits am Samstagvormittag verstossen. Während ein Priester laut die Regeln vorträgt, denen zufolge die Zurschaustellung politischer Symbole bei der Veranstaltung verboten ist, steht nur drei Meter neben ihm ein Mann mit einem Schal, auf dem ein Soldat mit Wehrmachtshelm abgebildet ist.

Viele der TeilnehmerInnen stört es, dass in diesem Jahr der Ausschank von Alkohol verboten ist. In den vergangenen Jahren wurden rund um das Feld Festzelte aufgebaut, in denen gezecht und Lieder gegrölt, in denen die Opfer der NationalsozialistInnen und der Ustascha verhöhnt wurden. Dieses Jahr immerhin gibt es keine solchen Zelte.

Eine Gruppe junger Männer lässt sich vom Alkoholverbot nicht abhalten. Sie leeren schon seit acht Uhr morgens auf dem Parkplatz unweit des Feldes ein Bier nach dem anderen. Ihr Wortführer trägt einen Trainingsanzug, öffnet ein weiteres Bier, steckt sich eine Zigarette an und bietet aus seinem Kofferraum Schinken aus Dalmatien an: «Der aus der Heimat, das ist der beste.» Die Männergruppe ist verärgert, weil es in diesem Jahr keine Festzelte gibt. «So macht das doch keinen Spass.»

Bleiburg war jahrelang kein grosses Thema für die österreichische Politik. Doch in diesem Jahr hat sich ein überparteiliches Bündnis aus den EU-Abgeordneten Othmar Karas (ÖVP), Josef Weidenholzer (SPÖ) und Angelika Mlinar (Neos) gebildet; das Trio will das Treffen in dieser Form nicht mehr dulden. Österreich hat zuletzt gegen politische Versammlungen türkischer NationalistInnen und RechtsextremistInnen in Wien und anderswo durchgegriffen. Bei kroatischen NationalistInnen und RechtsextremistInnen ist das bisher versäumt worden. «Es wird hier mit zweierlei Mass gemessen», sagt die EU-Abgeordnete Angelika Mlinar.

Der zuständige Innenminister ist der Rechtsaussen Herbert Kickl von der FPÖ, er äussert sich nicht zum Thema Bleiburg. Zwar steht die Partei vielen kroatischstämmigen TeilnehmerInnen der Veranstaltung ideologisch nahe, doch im Wahlkampf hatte sich die Partei dafür entschieden, lieber um die zahlenmässig stärkere Gruppe der in Österreich lebenden Menschen mit serbischen Wurzeln zu werben. Auch Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) meidet das Thema. Er machte sich die Einschätzung der Kärntner Landesbehörden zu eigen: Es handle sich um eine kirchliche Veranstaltung, gegen die man nicht vorgehen könne.

«Sehen wir etwa aus wie Faschisten?»

Auf dem Loibacher Feld kann eine Nonne die ganze Aufregung nicht verstehen. «Wir sind doch nur zum Beten und Gedenken da», sagt die Fünfzigjährige und faltet demonstrativ ihre Hände. Daneben steht eine Familie mit Kindern, gutbürgerlich gekleidet. Der Vater will wissen: «Sehen wir etwa aus wie Faschisten? Es ist doch nicht unsere Schuld, dass auch Extremisten da sind.» Viele der TeilnehmerInnen können die Kritik an dem Treffen nicht nachvollziehen. Sie glauben wirklich, dass die von den PartisanInnen ermordeten Ustascha unschuldig waren. Sie fühlen sich zu Unrecht angegriffen.

Im Stadtzentrum von Bleiburg findet eine Gegenkundgebung statt. Trompeten, Klarinetten, Posaunen, Saxofone und Tubas tröten gegen den Faschismus. Die Bergarbeiterkapelle Hrastnik macht Stimmung für die rund 150 DemonstrantInnen. Organisiert wird die Gegenkundgebung vom KZ-Verband / Verband der AntifaschistInnen, vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, von der österreichischen Hochschülerschaft und von Partisanenverbänden aus Slowenien, Italien und Kärnten. Die Protestierenden fordern ein Verbot des Gedenkens auf dem Loibacher Feld. Die 34-jährige Elena sagt: «Mir ist das antidemokratische Moment unheimlich. Diese Massenansammlung von Menschen, die sich positiv auf ein faschistisches Regime beziehen.»

Unbehindert wird die Gedenkveranstaltung derweil fortgesetzt. Wäre sie ein Musikfestival, dann wäre Zelimir Puljic der Hauptact. 2003 übernahm der Erzbischof im Namen der katholischen Kirche Kroatiens die Patronage für das Treffen. Seitdem ist es eine kirchliche Veranstaltung. Wer Puljic zuhört, könnte meinen, die Geschichte Kroatiens beginne im Mai 1945. Gedacht wird der Opfer aufseiten der Ustascha, die von den jugoslawischen PartisanInnen ermordet wurden. Dass die NazikollaborateurInnen zuvor Hunderttausende Menschen ermordet hatten, wird mit keiner Silbe erwähnt.

Die kroatischen Faschisten in Bleiburg jedenfalls wollen nächstes Jahr wiederkommen – egal ob es dort nun ein Bierzelt gibt oder nicht.