Agenda

Nr. 23 –

Geht nur mit Notenständer

Steamboat Switzerland ist ein Powertrio, bei dem diese Bezeichnung Substanz hat. Ihre Musik erinnert an Freejazz und freie Improvisation, ist aber locker so laut und heavy wie Metal; sie ist nerdig komplex und doch sofort überwältigend. Rasend spielen sich der Hammond-Organist Dominik Blum, der Bassist Marino Pliakas und der Drummer Lucas Niggli durch Kompositionen, die sie von Notenständern ablesen müssen und bei KomponistInnen in Auftrag geben, die man eher zu solchen der sogenannten ernsten Musik zählen würde. Doch dieses Schauspiel klingt nur auf dem Papier nach musikalischem Fitnessstudio. Obwohl die drei Musiker oft an der Schmerzgrenze kitzeln, ist ihre Interaktion federleicht, oft sogar witzig.

Steamboat Switzerland in: Zürich Photobastei, Do–Sa, 7.–9. Juni 2018, jeweils 21 Uhr.

David Hunziker

Zweimal Robert Walser

Spazieren war die liebste Beschäftigung des Schweizer Bleistifthandwerkers Robert Walser. Und spazierend erschliesst sich auch dieser Theaterabend im Botanischen Garten Bern. Gemeinsam mit einer schauspielernden Cellistin und einem Schauspieler werden an Stationen im Park Texte von Walser vorgetragen und musikalisch untermalt. Als Robert Walser 1956 78-jährig starb, war er ebenfalls auf einem ausgedehnten Spaziergang im Gebiet um Herisau unterwegs. Inspiriert vom berühmten letzten Foto, das Walser tot im Schnee liegend zeigt, mit offenen Augen gen Himmel starrend, hat der Künstler Thomas Hirschhorn ein Modell geschaffen – irgendwo zwischen schwindenden Lebensspuren und schriftstellerischen Hinterlassenschaften. Wie das Theater im Park ist auch dieses «Robert Walser-Modell» den ganzen Sommer lang in Bern zu sehen.

Theaterspaziergang in: Bern Botanischer Garten, Eingang auf der Lorrainebrücke. Anmeldung zwingend: robertwalser@mesarts.ch. Spieltage unter www.mesarts.ch.

«Robert Walser-Modell» von Thomas Hirschhorn in: Bern Robert Walser-Zentrum, Marktgasse 45, Mi–Fr von 13–17 Uhr, noch bis 12. Oktober 2018. www.robertwalser.ch

Daniela Janser

Mit Kameraaugen

Vielleicht war das Fotografische in der Literatur des New Yorker Schriftstellers Teju Cole schon immer angelegt, etwa in den Stadtansichten seines Erstlings «Open City». Dessen Hauptfigur streift wie ein eingewanderter Flaneur durch die Strassen New Yorks und Brüssels und «fotografiert» diese mit seinen Augen ab. Für sein Projekt «Blind Spot» ist Cole nun leibhaftig unter die Fotografen gegangen. Eine Ausstellung im Zürcher Literaturmuseum Strauhof zeigt Fotoarbeiten, die zum Teil in der Schweiz entstanden sind. Ergänzt sind sie durch Textminiaturen, die mit den blinden Flecken der Bilder spielen und neue Geheimnisse bergen.

«Blind Spots» in: Zürich Strauhof, Augustinergasse 9. Vernissage am So, 10. Juni 2018, ab 14 Uhr. Teju Cole wird anwesend sein.

Daniela Janser