Im Affekt: Helden der Landstrasse

Nr. 27 –

Was rollten die Blechlawinen von Glarus zum türkisblauen Klöntalersee hoch am vergangenen Sonntag. Stieg man am hinteren Ende des Tals als einsame Wanderin über die Alp zur Postautostation Richisau ab, schienen die Wellen des Sees mit den Dächern der entlang seiner Längsseite geparkten Autos in der prallen Sonne um die Wette zu glitzern. Dabei verkehrt das Postauto im Stundentakt zwischen Glarus und Richisau – nein, an Tagen wie diesen sogar im Nonstop-Verkehr. Nicht nur dafür wollen wir an dieser Stelle den PostautofahrerInnen ein Kränzlein winden.

Im Gegensatz zur Chefetage der Postauto AG, die jahrelang mit durchaus krimineller Energie Subventionen in Millionenhöhe eingesackt hat, engagiert sich das betriebliche Proletariat hinter dem Steuer ebenso selbstlos wie hingebungsvoll für die Kundschaft – und das zu einem durchschnittlichen Bruttolohn von 5420 Franken (13. Monatslohn inklusive). Es lässt sich dafür in ein gelbes Uniformhemd stecken, an dem der eigene Name ebenso sichtbar prangt wie über der Fahrerkabine. Beim Chauffeur in Richisau – er heisst übrigens Peter – kann man ein Billett irgendwohin in der Schweiz lösen. Für das geschickte Lavieren zwischen illegal parkierten SUVs und, wahlweise, Felswand oder Abgrund respektive See erntet er den Respekt der am Fenster Platzierten, zumal er solcherlei Widrigkeiten mit viel Humor wegsteckt. Selbst als am vorderen Ende des Sees Dutzende von Fahrgästen zur Tür drängen, obwohl das Postauto längst zum Bersten voll ist, reagiert er souverän: «Bitte geben Sie jenen, die auf den Zug müssen, den Vortritt. Das nächste Postauto folgt in wenigen Minuten.»

Die anschliessende Kurvenfahrt ins Tal ist etwas halsbrecherisch, dafür biegen wir keine sechzig Sekunden vor Zugsabfahrt auf den Bahnhofplatz Glarus ein. «Anschluss geschafft!», tönt des Chauffeurs ruhige Stimme durch die stickige Restluft. Das Publikum tobt.

Eine Passagierin im Postauto: «Die Führungsetage sähe ich aber am liebsten hinter Gittern.»