LeserInnenbriefe

Nr. 32 –

Nicht auf neustem Stand

«E-Voting: Dann sehen einfach alle, was alle anderen stimmen», WOZ Nr. 28/18

Die Berichterstattung zu E-Voting in der WOZ erstaunt. Wie so manche Debatte zum Thema scheint leider auch diese auf dem Stand von vor einigen Jahren zu verharren.

Selbstverständlich haben sich bereits kluge Köpfe «grundsätzlich Gedanken über das Verhältnis von Abstimmungs- respektive Wahlgeheimnis und Sicherheit gemacht». Dies schlägt sich auch im Konzept der Berner Fachhochschule (im Auftrag der Schweizer Bundeskanzlei) vom Februar 2012 und im folgenden Bericht des Bundesrats nieder. Aktuell werden daher nicht «Systeme gebaut, die eine Sicherheit suggerieren, die sie nicht einhalten können», sondern es wird an Software getüftelt, deren Verfahren unglaublich komplex und nicht mehr verständlich sind (siehe dazu auch «E-Voting auf Biegen und Brechen», WOZ Nr. 17/17 ).

Falls diese Konzepte der universellen (vollständigen) Verifizierbarkeit erfolgreich umgesetzt werden können, verschiebt sich das Dilemma der Nachvollziehbarkeit hin zur Frage des Vertrauens in Abstimmungsverfahren: Sicherheit und Wahlgeheimnis führten gemeinsam zu einer Komplexität, die eine nötige Nachvollziehbarkeit von (direkt)demokratischen Entscheidungen verunmöglichen. Dies ist aber für die Akzeptanz – insbesondere bei umstrittenen Vorlagen mit knappen Resultaten – von entscheidender Bedeutung.

Erik Schönenberger, Digitale Gesellschaft

Fehlende Haltung

«Repression: Fichen, Ausreisesperren, Gefängnis», WOZ Nr. 26/18

Ich vermisse die Haltung/Empfehlung der WOZ. Was ist denn eure Empfehlung, wie mit Angriffen und Beschimpfungen auf BeamtInnen umzugehen sei? Ich schreibe hier bewusst BeamtInnen. Es sind ja nicht «nur» die PolizistInnen, die sich mit abnehmendem Respekt und Anerkennung für ihre anspruchsvolle Arbeit im Dienst der Öffentlichkeit konfrontiert sehen. Es sind auch SozialarbeiterInnen, LehrerInnen und so viele mehr im öffentlichen Dienst. Ist aus eurer Sicht der Status quo ausreichend? Sind Berichte über Frustkündigungen nur Fake News? Welche Vorschläge kommen von den Betroffenen(-organisationen) selbst? Da sind doch sicher einige kreative Ideen vorhanden – oder etwa nicht?!

Ueli R. Frischknecht, Pfungen

Abhängig vom Kapital

«Pressekrise in der Westschweiz: Wir erleben eine Provinzialisierung der Romandie», WOZ Nr. 28/18

«Doch der Journalismus muss unbedingt unabhängig von der politischen Macht bleiben.» Dieser Satz ist so schief, dass mir das Augenwasser kommt. In der Schweiz ist der Journalismus abhängig vom Kapitalgeber und sonst von niemandem. Das heisst, die Journalisten sind auch nur Lohnsklaven.

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Da ausserdem vor der Tür ein Heer von arbeitslosen Journalisten steht, kann man sich das Dilemma vorstellen, in dem sich so ein Schreiber befindet. Da scheint mir die Abhängigkeit von der politischen Macht noch das kleinste Übel zu sein.

Paul Jud, Stühlingen (D)