LeserInnenbriefe

Nr. 33 –

Toxische Männlichkeiten

«Sexarbeit: Die Stigmatisierung dauert fort», WOZ Nr. 28/18

Der Kurzartikel zum Stopp-Prostitution-Video der Frauenzentrale Zürich hat mich extrem enttäuscht. Von der WOZ erwarte ich eigentlich, dass sie nicht die gleichen Fehler macht wie fast alle anderen Medien.

Während ihr es im ersten Absatz noch richtig schreibt – es geht darum, den Kauf von sexuellen Dienstleistungen zu verbieten –, macht ihr im letzten Satz den Fehler, der immer wieder gemacht wird, und behauptet, es gehe darum, Sexarbeit zu illegalisieren. Nein, eben gerade nicht, was ist daran so schwer zu verstehen? Und es geht zudem eben gerade nicht darum, wie im Artikel behauptet, den Sexarbeiterinnen «Lebensgrundlage und Entscheidungsmacht» zu nehmen. Sowohl in Schweden wie auch in anderen Ländern, die ein Sexkaufverbot kennen, und erst recht in den Forderungen der Frauenzentrale Zürich, ist dieses nur ein Pfeiler eines Gesamtpakets und stets mit Aufklärung, Beratung, Ausstiegshilfe, Nichtkriminalisierung der SexarbeiterInnen und verstärktem Kampf gegen Menschenhandel verbunden. Wenn man das als Zerstörung von «Lebensgrundlage und Entscheidungsmacht» sieht, weiss ich auch nicht mehr weiter.

Als queerfeministischer Mann* kann ich ausserdem nicht verstehen, wie immer nur über die Sexarbeiterinnen gesprochen wird, kaum je aber über die Freier. Die Männer, die sich von Frauen Sex kaufen, werden mit keinem Wort erwähnt. Vielleicht sollten wir anfangen, über sie zu sprechen, über toxische Männlichkeiten und über die patriarchalen Machtstrukturen, die diesen ach so freien marktwirtschaftlichen Dienstleistungsbeziehungen zugrunde liegen. Normalerweise analysiert die WOZ «den Markt» etwas kritischer … Wer ist es, der (!) wirklich die Wahl hat? Auch und gerade im aktuellen System.

Tobias Kuhnert, Winterthur

Verbranntes Huhn

«Schweine vor Gericht», Le Monde diplomatique, August 2018 (WOZ Nr. 32/18)

Dass Tiere immer zum Tod verurteilt wurden, nicht zu Geldstrafen, leuchtet ein. Weniger einleuchtend scheint mir, dass in den Gedanken über den freien Willen der Tiere nicht auf die bei allem Schaden anzunehmende Hexerei mit Schadenzauber eingegangen wird. Ich vermute, dass vor allem der Teufel im Schwein bestraft werden musste, wenn keine Hexe dahinter entdeckt werden konnte. Zum gravierendsten Schweizer Fall, einem 1467 coram publico verbranntem Hahn (Basel hatte da schon eine Uni, war aber noch kein eidgenössischer Ort), ist zu bemerken, dass die Anklage auf Ketzerei lautete. Nützlich zu wissen, dass Ketzerei damals Sodomie bedeutete (wie bei Hans Waldmann, dem man mit ausgiebigster Folter das Geständnis der Ketzerei nicht entlocken konnte, worauf der Zürcher Rat die Hinrichtung vollziehen liess, den klaren Justizmord bedauernd).

Christoph Emanuel Dejung, per E-Mail