Landesstreik 1918: Bildgeschichten (6): Germania und die Bolschewisten

Nr. 39 –

Foto: Beatrice Geistlich. Flugblatt: Archiv Stefan Keller

Für die Streikenden sind die Ereignisse im Herbst 1918 eine direkte Folge von Not und Erniedrigung. «Das Elend war für die Arbeiterschaft unerträglich geworden», sagt Anny Morf, eine Textilarbeiterin, in ihren Erinnerungen. «Mein Lohn reichte nicht mehr aus, und ich hungerte oft, denn ich besass keine zehn Rappen mehr, um im Volkshaus einen Teller Hafersuppe zu bestellen.» Pietro Morandi, Bauarbeiter, hört jedoch 1918 von Tessiner Soldaten, die Zürcher ArbeiterInnen hätten sich «an Deutschland verkauft». Der Publizist Gonzague de Reynold schreibt dem Bundesrat, man befürchte in England, «dass die Deutschfreundlichkeit bei uns in den Kommunismus» abgleite. Frankreich und Italien warnen auf diplomatischem Weg. Im Juli meldet eine holländische Zeitung, in der Schweiz würden überall Soldatenräte gegründet. «SWITZERLAND AS A BOLSHEVIK CENTRE», rapportiert der britische Geheimdienst am 2. November. Auch US-Präsident Woodrow Wilson ist besorgt. Ein französisches Flugblatt zeigt den Aufstand der Arbeiterschaft als letztes Marionettenspiel des deutschen Kaiserreichs.

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