Saudischer Journalist: Wie vom Erdboden verschluckt

Nr. 41 –

Eine Woche nach dem Verschwinden des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi am 2. Oktober in Istanbul gibt es noch immer keinen Hinweis auf seinen Verbleib. Stattdessen erhärtet sich laut türkischen Regierungsstellen der Verdacht, dass Khashoggi innerhalb des saudischen Konsulats ermordet worden sein könnte. Der ehemalige Berater des Königshauses hatte unter anderem den Krieg im Jemen und das harte Vorgehen gegen Andersdenkende kritisiert.

Die «Washington Post», für die Khashoggi schrieb, veröffentlichte ein Bild, das ihn beim Betreten des Konsulats zeigt. Bis anhin gibt es kein Indiz dafür, dass er das Areal je wieder verlassen hat. Der saudische Kronprinz Muhammad bin Salman versicherte trotzdem in einem Interview, dass Khashoggi «nach wenigen Minuten oder einer Stunde» wieder aus dem Konsulat hinausgegangen sei.

Diese Aussage steht im Widerspruch zu derjenigen seiner Verlobten Hatice Cengiz: Nachdem sie vier Stunden vergeblich vor dem Konsulat auf ihn gewartet habe, meldete sie Khashoggi bei der Polizei als vermisst und informierte einen Berater von Präsident Erdogan über die Situation; dies habe ihr Verlobter ihr aufgetragen, bevor er im Konsulat verschwunden sei. Erdogan versprach am Sonntag, sich um Aufklärung über das Verschwinden des Reporters zu bemühen – ausgerechnet Erdogan, der ihm unbequeme JournalistInnen selbst verfolgen lässt.

Die Beziehung der beiden Länder hat sich in letzter Zeit drastisch verschlechtert. Die Türkei stand Katar bei, als Saudi-Arabien, die Emirate und Bahrain den Golfstaat vor einem Jahr mit einer Blockade belegten. Ausserdem unterstützt Erdogan die Muslimbrüder in Ägypten, während die Saudis an der Seite von Machthaber Abdel Fattah al-Sisi stehen. Die Annäherung zwischen der Türkei und dem Iran im syrischen Konflikt verschlechterte das Verhältnis zusätzlich. Falls Khashoggi tatsächlich ermordet wurde, dürften die diplomatischen Beziehungen zwischen Riad und Ankara einen neuen Tiefpunkt erreichen.