Diesseits von Gut und Böse: Non olet

Nr. 47 –

Entgeistert starrten am Dienstag die PendlerInnen auf ihr morgendliches «20 Minuten». Da stand: «Sollen türkische Richter unser Minarettverbot aushebeln können? Wer das nicht will, sagt JA zur Selbstbestimmungsinitiative!» Am Mittwoch legte man nach: «Der Migrationspakt wird uns Massenzuwanderung bescheren»; auch die jeweilige Seite 2 dominierten «fremde Richter». Klitzeklein stand rechts oben in der Ecke: «Anzeige».

Gekauft hat die prominenten Plätze das sogenannte Egerkinger Komitee, ein Konsortium von SVP- und EDU-Mitgliedern, die sich seit Jahren nicht entblöden, die Welt mit dummdreisten Behauptungen zu belästigen. Die insgesamt vier Seiten liess sich der Zirkel laut Inseratetarif zweimal 239 925 Franken kosten – also knapp eine halbe Million –, vielleicht gabs ein bisschen Rabatt. Tamedia nahm das Geld; es stinkt ja nicht.

Nun ist es dem Komitee – wie allen BürgerInnen unseres Landes – freigestellt, so balkenbiegend zu lügen, wie es ihm gefällt. Doch den gequirlten Schwachsinn gegen Geld auf die Titelseite eines Produkts zu hieven, das gerade vom Bundesamt für Kommunikation als stärkste «Meinungsmacht» unter Schweizer Printmedien ermittelt wurde, ist mehr als fragwürdig.

Auf empörte Einwände entgegnete «20 Minuten»: Jede Anzeige werde juristisch beurteilt, und es sei «höchst undemokratisch, wenn ‹20 Minuten› in politischen Debatten Position beziehen würde, indem gewisse Meinungen nicht zugelassen würden». Auch die Gegner hätten auf der Front geworben: Sie forderten schlicht zum Nein-Stimmen auf.

Wegen befürchteter Rufschädigung ersuchte die Gemeinde Egerkingen das Komitee übrigens schon 2015 um eine Umbenennung. Komitee-Präsident Walter Wobmann erklärte das zum «Witz».