Pop: Auf dem Schwipp-Schwapp-Plateau

Nr. 6 –

Wer Delfine zum Tanzen bringt, muss sich um seine Karmabilanz keine Sorgen machen. Vor einigen Jahren wurden die pirouettendrehenden Meeressäuger zu Maskottchen eines Pop-Hypes namens Vaporwave. Das Minigenre nahm die Versprechen der Warenwelt im Zeitalter digital erzeugter Bilder für bare Münze und schillerte zwischen Idylle und Ironie. Vaporwave klang elektronisch, milde und fröhlich, war sehr bunt – und sehr schnell wieder verschwunden.

Doch jetzt ist der tanzende Delfin wieder da, und die Karmapunkte dafür heimst Noah Lennox ein. Der in Portugal lebende US-Musiker nennt sich als Solokünstler – ebenfalls maskottchentauglich – Panda Bear. Mit seiner Band Animal Collective hat er mindestens zwei zentrale Alben der nuller Jahre veröffentlicht und damit die verkümmerten Psychedelikrezeptoren im Nervensystem überreizter ComputerarbeiterInnen wieder angezapft. Im Videoclip zu «Dolphin», dem ersten Song des sechsten Panda-Bear-Albums «Buoys», lässt Lennox nun das Vaporwave-Wappentier wieder elegant über einer Wasseroberfläche schweben und hin- und hermorphen.

«Buoys» ist Signalmusik für Einhandsegler, die hohen Wellengang für etwas halten, das nur Angeber interessiert. Man kann das sowohl von der Haltung als auch vom Klang her Folk nennen. Stimme und Akustikgitarre dominieren das Album. Lennox und sein Produktionspartner Rusty Santos spielen auch eine Drum Machine, als wäre sie ein Lagerfeuerinstrument. Zarte Häckselbeats und digitales Plätschern sind nicht Kontraste, sondern Akzente im Schwippen und Schwappen liquider Menschenfreundlichkeit.

Ein Songtitel wie «Crescendo» führt auf die falsche Fährte. Dieser Musik geht es in ihrer rundum entschlackten Transparenz nie um Verdichtung, um den nächsten Aufschwung oder die Erlösung in der Klimax. Lennox scheint eher einen Plateauzustand konzentrierter Entspanntheit im Sinn zu haben. Kein Sturm weit und breit. Nur Markierungen der Selbstvergewisserung: Wir werden das Schiff schon schaukeln.

Panda Bear: Buoys. Domino. 2019