Kino-Film «Vice»: Smarties für Dumme

Nr. 8 –

Unter Richard Nixon bezog er zum ersten Mal ein Büro im Weissen Haus, seine Karriere krönte Dick Cheney dann als übermächtiger Vizepräsident und Strippenzieher von George W. Bush. In seinem schrillen und garantiert nicht autorisierten Biopic «Vice» zeigt ihn Regisseur Adam McKay («The Big Short») nun als karikaturhaft zugespitzten, skrupellosen rechten Manipulator, mit viel Kraftaufwand und Silikonprothesen durchaus effektvoll verkörpert von Christian Bale. Zum Teufel fehlt diesem Cheney nicht viel, und gegen Ende des Films lässt man uns sogar in seinen leeren Brustkorb starren, damit auch die Hinterletzten begreifen, dass wir es hier mit einem Herzlosen zu tun haben.

Doch was bringt die streckenweise atemlose und bis an die Grenzen des Nachvollziehbaren zerhackte Brachialinszenierung? «Vice» bietet einen zynischen Parcours durch vier Jahrzehnte US-Politik, die ohne Cheneys Machenschaften zweifellos etwas anders verlaufen wären. Gruppiert ist dieser Höllenritt um eine simple und dreimal zu oft wiederholte These: Cheney sei schlicht bodenlos macht- und geldgierig und agiere am liebsten unter Ausschaltung aller demokratischen Kontrollinstanzen.

Nicht schlecht ist die Szene, in der Cheney und seine Frau Lynne (Amy Adams) im Ehebett einen fingierten Shakespeare-Dialog zwischen einem Erzschurken und seiner Gattin intonieren. Witzig, aber auch arg plakativ wirds, wenn McKay den dümmlichen George W. Bush (Sam Rockwell) Smarties essen lässt oder Cheney verglichen wird mit einem Mann, der seelenruhig seinen Rasen mäht, während sich von hinten ein riesiger Tornado heranschraubt. Zudem ist «Vice» bei all den spitzen politischen Anklagen erstaunlich sentimental und unscharf, sobald Cheney als Ehemann und Vater auftritt. Am Ende will man uns gar glauben machen, der ärgste Sündenfall des Kriegsverbrechers Cheney sei der Verrat an seiner geliebten lesbischen Tochter, nachdem er sie doch ein Leben lang unterstützt hat – der homophoben republikanischen Politik zum Trotz.

Vice. Regie: Adam McKay. USA 2018