LeserInnenbriefe

Nr. 8 –

Ein grosser Intellektueller

«Im Sog der kreisenden Kamera», WOZ Nr. 6/2019

Franziska Meisters Rezension von «If Beale Street Could Talk», der Verfilmung eines Romans von James Baldwin durch den grossartigen Regisseur Barry Jenkins, beginnt mit den Worten: «Fast wäre er in Vergessenheit geraten, dabei war James Baldwin einer der ganz grossen schwarzen Intellektuellen des 20.  Jahrhunderts.» Korrekt wäre: «Fast wäre er in Vergessenheit geraten, dabei war James Baldwin einer der ganz grossen Intellektuellen des 20.  Jahrhunderts.» – «I Am Not your Negro», so hiess der ebenfalls grossartige Film von Raoul Peck, der mit Baldwins Texten arbeitete, Sie erinnern sich? Was Baldwin sagt, geht uns alle an und geht uns allen nah.

Paola De Martin, per E-Mail

Die Taten der Zapatistas

«25 Jahre zapatistischer Aufstand: Die Botschaft als Tat», WOZ Nrn. 1 + 2 /2019

Wiederholt ärgerten wir uns über die Mexiko-Artikel von Toni Keppeler. Auch der Bericht zum 25. Jahrestag der Zapatistas bleibt oberflächlich. Die LeserInnen erhalten den Eindruck, die Zapatistas hätten ausser blumigen Communiqués von Subcomandante Marcos in den letzten 25 Jahren nichts zustande gebracht. Es bleibt der schale Nachgeschmack, die Bewegung solle diffamiert werden.

Wer sich mit dem Zapatismus auseinandersetzt, weiss, dass sich die Bewegung zum Personenkult um Marcos seit Jahren kritisch äussert. Nicht das Individuum, sondern das Kollektiv ist wichtig. Die Medienfigur Marcos wurde 2016 für tot erklärt. Doch der Autor erwähnt weder die Nachfolgefigur Subcomandante Galeano noch die Umstände, wie es dazu kam (durch einen massiven paramilitärischen Angriff auf eines der zapatistischen Hauptzentren). Auch der neue Sprecher der EZLN, Subcomandante Moises, bleibt unerwähnt.

Ist die Botschaft der Zapatistas wirklich wichtiger als ihre Taten? Wer genau hinschaut, sieht in den zapatistischen Gemeinden die jahrelange Arbeit im Aufbau der indigenen Autonomie: ein eigenes Bildungs- und Gesundheitssystem, Rechtsprechung, Kooperativen. Diese Taten sind vielleicht weniger medienspektakulär, aber sie sprechen für sich. Im Gegensatz zu anderen indigenen Regionen Mexikos ist so in Chiapas die Mütter- und Kindersterblichkeitsrate stark gesunken, alle zapatistischen Kinder geniessen eine gute Schulbildung.

Seit 1994 vollzog die Bewegung einen Generationenwechsel. An den Schweigemärschen von 2012 zeigte sie, dass sie noch immer über starke Mobilisierungskraft verfügt. Die Jungen führen den Kampf ihrer Eltern fort.

Zuletzt bedauern wir, dass der Autor nichts über die Situation der Zapatistas in Aldama und Chalchihuitán berichtete. Über 2000 Menschen wurden vertrieben und müssen seit bald zwei Jahren unter prekären Bedingungen in den Bergen ausharren. Einschüchterungen zählen zum Alltag, Anfang Jahr wurde eine Person getötet. Die Bedrohung dieser Familien veranlasste das Menschenrechtszentrum Frayba, eine Eilaktion zu organisieren. Die Repression gegen die Zapatistas ist in den letzten 25 Jahren nicht etwa verschwunden, sie schwelt in Form des Krieges niederer Intensität weiter. Ob sich dies unter dem neuen Präsidenten Amlo ändern wird, bezweifeln wir.

Gruppe Direkte Solidarität mit Chiapas, per E-Mail

Zweierlei Fussball

«Durch den Monat mit Ash Sarkar: Warum wird Corbyn so heftig attackiert?» und «Von oben herab: Ski Heil» , WOZ Nr. 7/2019

Manchmal kommt auch in der WOZ zusammen, was zusammengehört. Kürzlich auf Seite  14, wo die Aktivistin Ash Sarkar am Schluss – wie es sonst bei linken Männern üblich ist – vollmundig und poetisch gesteht, dass sie ein ganz grosser Fussballfan (Tottenham!) sei, dass Ronaldos Spiel für sie «Lyrik» sei und dass «Totaalvoetbal» und «Catenaccio» mit abenteuerlichen linken Theoriezusammenhängen zu analysieren seien. Weiter unten macht dann Stefan Gärtner Gott sei Dank in Sachen Fussball alles wieder klar, unter anderem mit einem Metz-/Seesslen-Zitat: Der Leistungs- als Fernsehsport sei «die grösste aller Blödmaschinen». Und, möchte man hinzufügen, Ronaldo ist kein Lyriker, sondern ein übler Macker und ein 22 Millionen schwerer Steuerhinterzieher.

Hans Fässler, St. Gallen

Delsberg statt Delémont!

«Delémont: Lokaler Klimanotstand», WOZ Nr. 6/2019

Eine Bemerkung zum Artikel zu den Klimaprotesten: Leider schreiben Sie dort durchgehend «Delémont». Auf Deutsch heisst die jurassische Hauptstadt aber Delsberg. So wie Genève Genf heisst oder Porrentruy Pruntrut. Es gibt viele Orte in der Schweiz, deren Namen in einer anderen Landessprache noch gebräuchlich sind. Schade, wenn dies vernachlässigt wird, ist dies doch auch Teil unserer Kultur, Geschichte und unseres nationalen Zusammenhalts. Machen Sie es bitte nicht wie die SBB, die bei ihren Durchsagen in allen Sprachen nur noch den ursprünglichen Namen verwendet.

Thomas Grünwald, Moutier (Münster ist nicht mehr gebräuchlich)