Wichtig zu wissen: Die dargebotene Hand

Nr. 8 –

Ruedi Widmer über die DNA, Petra Gössi und Viren

Man müsse Hand bieten für das CO2-Gesetz und die Flugticketabgabe, meint FDP-Präsidentin Petra Gössi in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» und verkündet, es gebe Heilung, wenn man sich an die Freisinnigen anlehne, denn «es wissen heute viele nicht mehr, dass der Umweltschutz eigentlich zur DNA des Freisinns gehört». Noch im Dezember 2018 hat ihre Partei das CO2-Gesetz bekämpft.

Es soll also kein Dahergelaufener kommen (in Zürich etwa der grüne Regierungsratskandidat Martin Neukom) und einfach so die Umwelt zu schützen beginnen, ohne zuerst die Hüterin der DNA des Umweltschutzes anzufragen. Denn der Umweltschutz® ist nicht irgendwas, sondern eine Reliquie, und diese wird in der tiefsten Grotte des Freisinns aufbewahrt. FDP-Urvater Alfred Escher (vgl. «Was würde Ihr Quadratschädel zur FDP sagen?» ) hatte 1848 den Umweltschutz erfunden und ihn kurz nach der Staatsgründung der Schweiz gut verpackt in einem Erdloch versenkt, auf dass ihn niemand anders als der Freisinn wieder finde, ihn aber in der strengen Tagespolitik vor allem auch wieder schnell vergessen könne. Und immer das Urheberrecht über ihn behalte.

Nun wissen wir auch, warum so viele Firmen, denen die Umwelt egal ist, immer sagen konnten, sie nähmen den Umweltschutz ernst. Sie haben nämlich Angst vor dem Umweltschutz, der in der DNA des Liberalismus lauert wie ein Pesterreger in einem Hochsicherheitsbehälter. Nur die FDP weiss, wie man einen Impfstoff gegen den Umweltschutz entwickeln kann, falls er je ausbricht. Doch er ist schon lange ausgebrochen; die ersten Fälle traten in den 1970er Jahren auf, und 2019 geht der Virus wieder in den Schulhäusern um, und unsere Kinder rufen auf der Strasse um Hilfe. Der Impfstoff ist seit Jahrzehnten klar: CO2. Nur mit CO2 kann der Erreger bekämpft werden. Deshalb musste man beim Freisinn möglichst viel Auto fahren, Meilen fliegen, Öl verbrennen.

Doch nun ist Petra Gössi bereit, den Umweltschutzschatz zu heben, ihn allen zugänglich zu machen. Er soll legalisiert werden, er soll ein Geschenk an die Bevölkerung sein, ein bisschen so wie die Kantonalbank den ZürcherInnen eine Luftseilbahn über den See schenkt. Oder der aus Rundfunk und Fernsehen bekannte US-amerikanische Politiker Trump seiner Bevölkerung eine Mauer. Oder Nestlé den Leuten Zugang zu sauberem Wasser.

Alle diese «Geschenke» müssen diejenigen bezahlen, die sie bekommen. Die Luftseilbahn wird mit dem Ersparten der KantonalbankkundInnen bezahlt und die Mauer mit dem Erbrochenen der von Trump genötigten SteuerzahlerInnen. Und den Umweltschutz bezahlen wir jetzt der FDP. Die Grünen müssen rückwirkend seit ihrer Gründung 1983 der FDP alles zurückzahlen, was sie vom Umweltschutz je gebraucht haben; da kommen Millionenforderungen auf Regula Rytz zu.

Die einzige Partei, die sich ganz bewusst nicht von der «Greta Thunberg der Schweiz» (Ruedi Widmer über Petra Gössi) mit ihrem Erreger anstecken lässt, ist die SVP. Sie ist durchgeimpft und deshalb unfähig, den Umweltschutzerreger überhaupt wahrzunehmen. Das macht aber nichts. Es ist ja auch lachhaft, wie viele Parteien von Umweltschutz schwafeln und wie wenig man davon sieht. Da ist für einmal nicht die SVP schuld. Aber gerade deren sich oft so autoritär gebende Parteikader würden sich nie getrauen, was sich italienische Bürgermeister bei Smogalarm gestatten: Heute dürfen nur die geraden Autonummern fahren, morgen die ungeraden. Das wäre doch ganz Salvini-Style. Aber nein, unsere besorgten RechtspopulistInnen würden – ausser bei Kampfflugzeugen oder Grenzmauern – erst das Volk befragen und die Grundversorgung mit Schweinswürstli sicherstellen, diese pseudoautoritären Memmen.

In der DNA der SVP stecken sicher auch noch einige überraschende Dinge. Sehr wahrscheinlich Sozialismus.

Ruedi Widmer wohnt in Winterthur und steckt in der DNA aller Menschen der Welt.