Lohnschutz: Überraschung im EU-Parlament

Nr. 14 –

Letzte Woche kam es im EU-Parlament beinahe zu einer Sensation: Die Abgeordneten stimmten über eine Resolution zum Rahmenabkommen mit der Schweiz ab. Noch ging es nicht um eine rechtlich bindende Entscheidung, sondern um eine Konsultation, ob das Parlament mit dem Weg der EU-Kommission einverstanden sei. Siehe da: Beim Lohnschutz zeigte sich eine starke Differenz. Zwar wurde in der Resolution am Ende festgehalten, dass die flankierenden Massnahmen der Schweiz «unverhältnismässig» und «einseitig» seien, doch der Entscheid fiel äusserst knapp aus.

Erst wollte der deutsche Grüne Reinhard Bütikofer den Passus abändern und festhalten, dass der Lohnschutz in der Schweiz zu den «wirksamen Massnahmen zur Verhütung von Sozialdumping» gehöre. Sein Antrag scheiterte mit 352 zu 264 Stimmen. Dann ging es um die Frage, ob der Passus ganz gestrichen werden solle. Mit den SozialdemokratInnen, den Linken und den Grünen stimmten auch die RechtspopulistInnen für eine Streichung: Mit 330 gegen 303 Stimmen bei 16 Enthaltungen wurde die Resolution angenommen.

«Wir hätten nie gedacht, dass es so knapp wird», sagt Luca Cirigliano, Zentralsekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds. «Das Ergebnis ist ein starkes Zeichen für ein soziales Europa.» Es mache deutlich, dass es beim Einsatz für den Lohnschutz nicht um nationalstaatliche Privilegien, sondern um eine gesamteuropäische Auseinandersetzung gehe: «Entsandte Arbeiterinnen und Arbeiter, die unter prekären Bedingungen leben, haben ein Recht auf ihren Lohn.»

In der Schweiz hat derweil das Forschungsinstitut GfS Bern im Auftrag von Interpharma eine Umfrage zum Rahmenabkommen präsentiert. Der Verband, der die exportorientierten Pharmakonzerne vertritt, hat ein besonderes Interesse an einem Abschluss. Gemäss der Umfrage sind derzeit sechzig Prozent der Befragten für das Abkommen. Am stärksten ist die Zustimmung bei WählerInnen der SP und der Grünen. Auffällig dabei: Fast alle sagten nicht «Ja», sondern bloss «Eher Ja». Letztlich bestärkten sie damit wohl die offizielle Meinung ihrer Parteien: Ja zu einem Rahmenabkommen, aber nur bei garantiertem Lohnschutz.