GA-Streit: Liebe SBB-Spitze …

Nr. 20 –

… als einer der unzähligen Zugfans in diesem Land wollte ich Ihnen schon lange einmal schreiben. Ich finde, Sie machen im Moment so ziemlich alles falsch, was man nur falsch machen kann. Da tobt draussen die Klimakatastrophe, und Sie hätten die beste Gelegenheit, noch mehr Leute zum Umsteigen auf den öffentlichen Verkehr zu bewegen. Doch Ihnen – genauer dem Tarifverbund CH-Direct, dessen wichtigstes Mitglied Sie sind – kommt nichts anderes in den Sinn, als eine Verteuerung des Generalabonnements um mehr als zehn Prozent zu hyperventilieren: von 3860 auf 4250 Franken pro Jahr. Das GA für die Jugend und die beliebten Gemeindetageskarten sollen gleich ganz verschwinden: zwei wichtige Angebote, die ein bisschen Freiheit in unserem engen Land bringen, ob während des Studiums oder auf Ausflügen.

Das GA sei aufs Jahr gesehen zu günstig, es brauche mehr Preisgerechtigkeit zwischen allen BahnbenutzerInnen, lautet die Argumentation. Bloss: Wer soll angesichts Ihrer übrigen Geschäftspolitik glauben, dass es Ihnen mit dem Ausgleich ernst ist? Freundlich unterstützt von Peter Füglistaler, dem Wettbewerbsapologeten an der Spitze des Bundesamts für Verkehr, bauen Sie die SBB von einem öffentlichen Dienst zu einem neoliberalen Konzern um: Ihrem CEO Andreas Meyer zahlen Sie dieses Jahr einen Lohn von einer Million Franken aus, während Sie dem Reinigungspersonal die Schmutzzulage streichen wollten.

Wir bei uns in der zweiten Klasse sehen das alles naturgemäss ein bisschen anders. Wir finden nicht, dass die GA-Preise steigen, sondern die Billettpreise insgesamt sinken sollen. Damit noch mehr Leute in den Genuss der hervorragenden Verbindungen kommen, die das zuverlässige Bahnpersonal täglich garantiert. Wie diese Rechnung aufgeht? Ganz einfach: Indem Sie sich daran erinnern, dass die SBB noch immer im Besitz der Öffentlichkeit sind und von dieser zu einem beträchtlichen Teil subventioniert werden. Nichts ist unnötiger als Wettbewerb am falschen Ort. Machen Sie besser Werbung für den Service public. Im Vergleich zum Auto ist die Bahn noch immer ökologischer, pünktlicher und auch eleganter.