Im Affekt: Die Gangster-Gangsterrapperin

Nr. 20 –

Seltsam sei es, was für ein Klamauk um diese Frau gemacht werde, sagte ein Freund kürzlich zu mir. Seltsam? Die Geschichte ist ja wirklich verrückt: Die 23-jährige Loredana Zefi aus Emmenbrücke, Instagram-Star und dank nur vier Songs gerade die meistgehörte Deutschrapperin, soll zusammen mit ihrem Bruder einem Walliser Ü50-Ehepaar knapp eine Million Franken abgeknöpft haben, wobei Loredana sich auch noch als Tochter des berüchtigten Anwalts Valentin Landmann ausgab. Liegt es daran, dass Loredana in ihren Videos mit Kalaschnikows und Luxuskarren posiert und Geldscheine um sich wirft? Stell dir einmal vor, all diese GangsterrapperInnen meinen es wirklich ernst – beängstigend!

Eigentlich ist es doch ganz einfach: Loredana ist Kosovoalbanerin. Und es ist herrlich anzusehen, wie da eine wieder einmal die nationalen Neurosen der Schweiz provoziert. Dass Loredana eine kriminelle Ausländerin ist, wusste Michael Bahnerth nämlich noch gar nicht, als er im Februar in der «Weltwoche» über seinen … äh … «Kosovos feuchten Traum» schrieb. Bahnerth kann es kaum glauben: Wie kann man als so blöde Puppe mit so blöder Musik nur so erfolgreich sein? Aber richtig Angst macht ihm der albanische Mann an Loredanas Seite, der Rapper Mozzik. Bahnert, Autor eines Buches über die «realen und geträumten, existenziellen Daseinszustände des modernen Mannes», wird mit seinem eigenen rassistischen Klischee konfrontiert, diesem «Auto-Kohle-Knarre-Köter-Kack-Ding».

Loredana wirkt wie ein Spiegel. Auch für die vierzig JournalistInnen, die zur grotesken Pressekonferenz von letzter Woche in Pristina antanzten. Zu Schweizer Medien halte sie Abstand, weil von dort bisher nur Misstrauen und Missgunst gekommen seien – obwohl sie sich als Schweizer Künstlerin verstehe und Rekorde breche. Der sitzt! Und in der WOZ? Loredana Zefi, wir hätten Sie feiern sollen, wie wir die deutsche Rapperin Haiyti gefeiert haben, deren Musik vielleicht ein bisschen intellektueller, aber bestimmt nicht unverschämter ist als Ihre.

Hier mal ein Anfang: Loredanas «Sonnenbrille» ist ein abgründiges Spiel mit der Dialektik der Identität: verborgener Wesenskern oder schöner Schein?