Leserinnenbriefe

Nr. 32 –

Die Biofeuerwehr

«Was wird hier eigentlich ‹gerettet›?», WOZ Nr. 29/19

Dieser Artikel hat manche meiner Vermutungen bestätigt und meine Hirnzellen zum Denken und Fantasieren angeregt. Lebensmittelrettung ist wie die Feuerwehr. Brände löschen ist nicht nachhaltig, aber notwendig. Die Brände selbst stören den geplanten Ablauf der Dinge, zeigen aber auch auf, dass irgendwo eine Schwachstelle ist. In diesem Fall heisst die Schwachstelle Grossverteiler, mit ihrem Anspruch, 7 × 24 Stunden ihre Regale immer zu hundert Prozent gefüllt zu haben. Und wenn es die Grossen tun, so müssen die Kleineren mitziehen, sonst sind sie weg vom Fenster. Resultat: Überschuss.

Der Verein Grassrooted, aber auch andere LebensmittelretterInnen, die aus beachtenswerten Beweggründen diese Aufgabe übernehmen, laufen Gefahr, von der Marktlogik vereinnahmt und als Feigenblatt für die Grossverteiler manipuliert zu werden. Daraus ein Geschäftsmodell zu machen, ist riskant und nicht nachhaltig. Genauso wie die Abfallverbrennung nicht nachhaltig ist: Sie ist notwendig, aber ihre Existenzberechtigung basiert auf der Verschwendung. Es sind Übergangslösungen, bis bessere Lösungen praktikabel werden, ohne dass die Umwelt und das Klima noch rascher vor die Hunde gehen als jetzt. Gleichzeitig müssen dringend neue Lösungsansätze gefunden werden.

Konkret könnte das für LebensmittelretterInnen so aussehen: Sie erhöhen den Abopreis und mit dem Mehrertrag finanzieren sie einen Fonds. Dieser Fonds unterstützt Projekte, die eine nachhaltige Verteilorganisation anstreben, in der auch KleinproduzentInnen einen fairen Preis erzielen können – ohne ständig dem Druck ausgesetzt zu sein, 7 × 24 Stunden alles haben zu müssen.

Rolf Lattmann, Basel