#digi: Wer reguliert die Personalisierung?

Nr. 38 –

Anfang der Woche wurden Ethikempfehlungen für «Big-Data in der Versicherungsindustrie» publiziert. Sie sind das Resultat des Nationalfondsprojekts 75 der Fachhochschule Graubünden und der Uni Zürich.

Immer mehr Versicherungen setzen Big Data ein, um Risiken zu beurteilen oder individuell zugeschnittene Prämien festzulegen. Fährt jemand zum Beispiel ein Auto, das kontinuierlich den Fahrstil aufzeichnet, bezahlt die Person weniger für die Haftpflichtversicherung. Das hat den Vorteil, dass Rücksichtsvolle nicht für die Unfälle der RaserInnen zahlen müssen.

Die Personalisierung unterhöhlt allerdings den Solidaritätsgedanken, wie etwa bei der Krankenversicherung, wo die Gesunden für die Kranken zahlen. Setzt sich die Personalisierung durch, werden die, die nachweislich gesund leben, nicht mehr für jene zahlen wollen, die einen ungesunden Lebensstil pflegen; derweil nachgewiesen ist, dass Reiche im Schnitt gesünder (und länger) leben können als Arme. Immer mehr Menschen dürften diskriminiert werden, weil die Big-Data-Analyse sie als schlechte Risiken brandmarkt. Der Report stellt fest, dass die Schweizer Gesetzgebung die Personalisierung im Versicherungsbereich heute kaum reglementiert. Über den Datenschutz oder ein Antidiskriminierungsgesetz wird man dieses Risiko kaum bändigen können.

Es brauche eine breite Debatte darüber, in welchen Bereichen Personalisierung zulässig sei und wo sie grundsätzlich untersagt werden müsse, heisst es im Report. Die AutorInnen empfehlen auch ein permanentes Monitoring zur Art und Weise, wie Versicherungen Big Data nutzen, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Möglich ist bereits vieles. Der Report erwähnt als Beispiel unter anderem die Selfiedaten von KundInnen, die von der Versicherung benutzt werden können, um ihr biologisches Alter abzuschätzen – was der Versicherung dann beim Abschluss einer Lebensversicherung ermöglicht, die Leistung individuell anzupassen.

Wirklich konkrete Forderungen fehlen im Report. Die Empfehlungen appellieren vor allem an die Versicherer, sie sollten bewusster mit den Risiken umgehen und ethische Richtlinien entwickeln. Das wird nie reichen.