Clever, Klaus Schwab!: New York als Werbegag

Wumm. Das Wef ist weg. Zumindest 2002. Eine Stunde Sitzung mit dem Bundesrat genügte – und der höchstdotierte Privatklub der Schweiz tagt nächstes Jahr statt in Davos in New York City.

Das Jahr Pause ist ein Meisterstück der Diplomatie: Das Wef ist für den Tourismusort Davos längst zu lärmig, zu aufwendig, latent gefährlich und vor allem zu teuer. Es lief Gefahr, das Schicksal von gutbetuchten Gästen zu teilen, die plötzlich allzu exzentrisch werden: Man zögert, man seufzt, man wirft sie raus.

Darüber hinaus ist der Umzug nach New York ein Meisterstück symbolischer Schleimerei. Dass das Wef-Treffen Heldentum bedeute, dass sein Dialog im Zeitalter Usama Bin Ladens wichtiger denn je sei – diesen Marketingschwurbel verbreitete Wef-Gründer Klaus Schwab seit Wochen. Mit der Wahl von New York fällt auf die 1000 Konzernbosse der heroische Abglanz von brennenden Türmen und 5000 Toten. Als erfreulicher Nebenaspekt lassen sich DemonstrantInnen propagandistisch an die Seite Bin Ladens stellen.

Sehr clever also, Professor Schwab! Man hätte selbst darauf kommen müssen. Denn Schleimerei ist immerhin das Kerngeschäft des Wef: die Schmeichelei «World Global Leaders» an die Adresse der Teilnehmer und dazu der gediegene Rahmen, in welchem die Leader ihresgleichen treffen können. Professor Schwab ist nicht nur rhetorisch ein Gleitmittel. Es ist auch sein Beruf. Trotz seinem NYC-Werbegag steht das Wef knapp vor dem Ende. Sein Totengräber ist nicht zuletzt der eigene Erfolg:

1. Die Eigenwerbung des Wef als «Treffen der Global Leaders» lockt zwar höchst erfolgreich alle Arten von Prominenz an; allerdings auch jene, die am Zustand dieser Welt etwas auszusetzen haben – von Ausbeutung bis Umweltverschmutzung ist das Wef die erste Reklamationsadresse. Die Antwort des Wef auf die zahllosen Vorwürfe kann nur auf zwei Arten ausfallen: a) Ja, wir sind tatsächlich die globalen Leader, somit verantwortlich, also Schurken. b) Nein, wir sind nur die ersten Opfer globalen Sachzwangs, somit nicht verantwortlich, also Hochstapler.

2. Der dritte vom Wef propagierte Weg des Schwurbels und Dialogs mit ausgewählten NGOs führt nirgendwohin. Dialog ist ein Spiel für Gleiche. Was das Wef im besten Fall liefern kann, heisst nicht Dialog, sondern Audienzen. Was es ebenfalls nicht liefern kann, ist Transparenz: Wo Hinterzimmergespräche die eigentliche Ware sind, sind Publikum, Presse – nicht zu reden von Kritikern – geschäftsschädigend.

3. Das eigentliche Wef-Konzept, dass sich in Davos möglichst viele Leute treffen, funktioniert nur zu gut, und zwar gerade auch für nicht eingeladene TeilnehmerInnen: Vor und in Davos traf sich anlässlich des Wef die Internationale der GlobalisierungsgegnerInnen.
Das Resultat war ein erfreuliches Spektakel, das jedwelche Vorwürfe an das Wef zuliess, massenweise Erklärungsnotstand für die Veranstalter produzierte, dazu Peinlichkeiten von Polizeiwillkür bis zum geknackten Wef-Computer, und jede Menge an Wut, Spass, Abenteuer und Erkenntnis zuliess: Eindrücklich etwa, wie die geballte politische und wirtschaftliche Macht eine touristische Gegend mit Stacheldraht, Militär und dem Anhauch von Erstweltdiktatur überzog.

Schade also, Professor Schwab! Das Wef in Davos 2002 wäre absurd und lustig geworden. So sehen wir uns wieder im Januar 2003. Wenn nicht alles täuscht, wird dies das letzte Mal sein. Wir werden es bedauern.