Tod eines Flüchtlings: Der Zuger Fenstersturz

Ein Westafrikaner stürzt aus dem zweiten Stock einer Zuger Asylunterkunft und stirbt an Kopfverletzungen. Ein Opfer der neuen Asylpolitik?

Kurz nach Mitternacht, in der Asylunterkunft in Unterägeri machen zwei Securitaswächter ihren Kontrollgang. Sulaman B., auf dessen Asylgesuch die Behörden nicht eintraten und der sich folglich ohne Erlaubnis dort aufhält, flieht vor ihnen in ein Badezimmer im zweiten Stock. Dort kommt es nach Aussagen von Mitbewohnern zu einem Handgemenge. Man solle die Polizei rufen und ihn nicht anfassen, soll der 24-jährige Schwarze gesagt haben. Dann stürzte er kopfüber aus einem Fenster des zweiten Stockwerks. Drei Tage später, am vergangenen Donnerstag, erlag Sulaman B. seinen Kopfverletzungen. Ob der Mann in Panik aus dem Fenster gesprungen war oder ob einer der Sicherheitsleute ihn gestossen hatte, wie Zeugen behaupten: Dies ermitteln die Zuger Untersuchungsbehörden und versprechen eine lückenlose Aufklärung.

Allerdings gab es bereits einige Verfahrensmängel. So wurde der mysteriöse Tod erst durch eine Mitteilung des Integrationsnetzes Zug bekannt. Laut Vizepräsidentin Sehriban Akyildiz wandten sich die Zeugen an sie, weil die Polizei sie nicht einvernahm. Auch Richard Wurz von der Asylbrücke Zug sagt: «Ohne unseren Druck hätte die Abklärung nicht den gleichen Verlauf genommen.» Die Zeugen wurden schliesslich angehört. Die Asylbrücke, das Integrationsnetz und die Sozialistisch Grüne Alternative (SGA) wollen den Behörden nun genau auf die Finger schauen, fordern rasche Ergebnisse sowie Vorkehrungen für einen besseren Schutz der AsylbewerberInnen, mit einem Nichteintretensentscheid (NEE) oder mit einem ablehnenden Entscheid. Unterstützt werden sie darin von vielen Betroffenen, wie eine Mahnwache für Sulaman B. am Montag in Zug zeigte, in der die AsylbewerberInnen auf ihre prekäre Situation hinwiesen.

Sulaman B. war vor einem Jahr in die Schweiz gekommen und hatte trotz dem NEE auf einen Verbleib in der Schweiz gehofft. Der Mann aus Guineas Hauptstadt Conakry hatte sich laut Wurz auf die Heirat mit einer gleichaltrigen Schweizerin gefreut, der Mutter des gemeinsamen halbjährigen Sohns. Nach dem NEE hatte er aus der Asylunterkunft in Hünenberg ZG ausziehen müssen, denn seit dem 1. April 2004 gilt ein verschärftes Asylregime, das nur noch Nothilfe statt Fürsorge vorsieht. Die dafür vorgesehene Zivilschutzanlage der Stadt Zug wollte Sulaman B. nicht aufsuchen – aus Angst, verhaftet zu werden. Asylbewerber mit NEE sind angehalten, die Schweiz selbständig zu verlassen, tauchen aber meist unter. Dies tat auch Sulaman B.: «Offenbar hatte er durch seine Freundin einen grossen Kreis von Kollegen, bei denen er abwechselnd unterkommen konnte», sagt Wurz. Dazwischen ging er auch in die Asylunterkunft von Unterägeri, wo er schliesslich zu Tode stürzte.

Das Auftreten der Securitas irritiert sowohl die Asylbrücke als auch die SGA. Sie wollen nun wissen, wie die Sicherheitsleute auf ihre Aufgabe vorbereitet werden. Regierungsrätin Brigitte Profos, die als Sozialdirektorin für den Kontrollauftrag der Securitas verantwortlich ist, liess im Fall Sulaman B. bisher nichts Offizielles hören – das Departement will erst Stellung nehmen, wenn die Untersuchungsergebnisse vorliegen.