Personenrätsel: Die Widerborstige

Nr. 38 –

Nein! Dass man ihrem Mann hier ein Denkmal errichtete, kam für sie nicht infrage, nicht in der Hauptstadt des Landes, das sich «wie der letzte Idiot in der Welt» aufführt. Dafür hat sie zu lange gegen Lüge und Desinformation gekämpft. Dass die Regierung die Armut der Bevölkerung ignoriert, Zehntausende Kriegsopfer in Kauf nimmt, Minderheiten stigmatisiert, die Presse verstaatlicht – all das zeigte ihr, dass ihr Mann nicht verstanden, seine Bücher nicht gelesen wurden. 1923 in Turkmenistan geboren, hat die Kinderärztin und Schriftstellerin früh erfahren, was Unterdrückung bedeutet. Als sie vierzehn war, wurde ihr kommunistischer Vater als Volksfeind hingerichtet, ihre Mutter interniert. Später entkam sie als Medizinstudentin selber nur knapp: Sie weigerte sich, mit einer vorformulierten Resolution die Todesstrafe für einige angebliche Verschwörer zu fordern. Doch dann starb der Staatschef, und sie begann die kleinen Freiräume zu nutzen; sie unterstützte politische Gefangene, verbreitete verbotene Literatur. 1970 lernte sie ihren Mann kennen. Sie reiste ins Ausland, um für den mundtot gemachten Regimekritiker einen Preis entgegenzunehmen. 1984 schickte man auch sie in die Verbannung, doch die währte nicht allzu lange: Zwei Jahre später wurde sie zurückgeholt. 1993 berief eine neue Regierung sie in die Menschenrechtskommission, die sie alsbald unter Protest wieder verliess. Seither setzt sie sich für Bürgerrechte und gegen den «faktischen Völkermord» im Süden des Landes ein. Dass sie ausserdem das Recht aller Völker auf Selbstbestimmung einfordert, bringt ihr nicht viele Sympathien ein.

Wie heisst die Hannah-Arendt-Preisträgerin, für die der Vater der grössten jemals gezündeten Atombombe in Hungerstreik trat, um ihr eine Herzoperation in Boston zu ermöglichen?

Sir fragten nach der noch immer aktiven Menschen- und Bürgerrechtlerin Jelena Bonner. Der gerade noch rechtzeitig verstorbene Staatschef war Stalin, ihr (zweiter) Mann der 1989 verstorbene Regimekritiker Andrej Sacharow, Entwickler der sowjetischen Wasserstoffbombe und Friedensnobelpreisträger von 1975. Jelena Bonner wurde 1984 nach Gorki, dem heutigen Nishni Nowgorod, verbannt, von wo Gorbatschow sie 1986 zurückholte. 1993 bot Jelzin ihr einen Sitz in der Menschenrechtskommission an, die sie ein Jahr später wegen dessen Tschetschenienpolitik wieder verliess. Im Jahr 2000 erhielt sie in Bremen den Hannah-Arendt-Preis.