Florian Keller: Mit Leberli für Bürgerrechte

Nr. 47 –

Am Samstag wird eine neue Schweizer Linkspartei gegründet. Der junge Schaffhauser Kantonsrat der Alternativen Liste gehört zu den treibenden Kräften.


Wir sitzen beim Thailänder im Zürcher Kreis 5. Florian Keller gefällts. Auch wenn er es sonst gerne währschaft hat: «In Zürich esse ich eigentlich sonst immer Leberli in der Rheinfelder Bierhalle im Niederdorf.» Basisdemokratische Bierkultur im Saft von Metzgeten und im Nebel krummer Stumpen, das passt irgendwie zu dem 26-Jährigen. Wieder auf der Strasse, behäbig im Gang, die eine Hand im Hosensack, dabei ruhig argumentierend, wirkt Keller schon wie ein ausgereiftes Animal politique.

Mit 21 Jahren im Kantonsrat

Nun hat der wissenschaftliche Mitarbeiter beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund, Schaffhauser Bürger- und Kantonsrat, VPOD-Vorstand und Berner Jurastudent Grosses vor: Am nächsten Samstag will er mit anderen Linksalternativen aus der ganzen Schweiz in Schaffhausen eine neue nationale Partei mit dem provisorischen Namen «La Gauche – Linke Alternative – La Sinistra» gründen. Grundsätzlich ist das nichts Neues: Ähnliche Versuche gab es in den letzten Jahren mehrere, zuletzt 2007 unter dem Namen A gauche toute. Keller will diese aber nicht mit dem gegenwärtigen Projekt vergleichen. «Damals waren die festgefahrenen ideologischen Verblendungen einzelner alter Grüppchen ohne Diskussionsbereitschaft im Weg.» Vor allem in der Westschweiz, aber auch bei der Deutschschweizer Partei der Arbeit (PdA), die nun nicht dabei sei.

Gegen neue Blockaden setzt Keller nun auch auf ganz Junge, die politisch noch nicht organisiert sind. Seine Erfahrungen aus Schaffhausen, wo er als Zwanzigjähriger 2003 mit Freunden die Alternative Liste gründete, bestärken ihn darin: «Wir haben damals Nacht-und-Nebel-Aktionen gemacht, SVP-Plakate überklebt und so.» Da sassen sie jeweils bis morgens um drei bei Kollegen und warteten, bis die Gassen leer waren. «Irgendwann merkten wir, dass von unseren Leuten niemand zur SP wollte, und beschlossen, eine Alternative auf die Beine zu stellen.» Ein Jahr später sass Keller schon im Kantonsrat.

Auch heute seien die Jungen, die zu ihnen kämen, politisch relativ unbedarft: «Sie finden Blocher Scheisse, Umweltschutz gut.» Dabei setzt Keller in der Mobilisierung eher auf traditionelle Methoden: auf gut besuchte Veranstaltungsreihen zu Alternativen in der Migrations- und Sozialpolitik oder zu Wachstumskritik. Gerade hat die AL in Schaffhausen auch damit begonnen, eine Zeitung herauszugeben. Von poppiger Politik à la Barack Obama hält Keller nicht viel: «Für gute Politik braucht es mehr als Internettexte mit höchstens fünf Sätzen und farbige Buttons.»

Was gehört denn zu guter Politik? Keller nennt als Erstes die Bürgerrechte, die von den Grünen und der SP von der Videoüberwachung bis zu den Hooligankonkordaten vernachlässigt würden. Und im Kampf gegen den Abbau des Service public sei man links der SP traditionell erfolgreich. Auch in der Steuerpolitik habe die Zürcher AL kürzlich mit ihrer erfolgreichen Initiative gegen die Pauschalbesteuerung bewiesen, dass eine linke Alternative hier gefragt sei.

«Welsche Hüftschüsse»

Vom Zwanzig-Punkte-Programm, das die Romands für den Gründungskongress bereits aufgestellt haben und das etwa ein einkommensabhängiges Generalabonnement oder die 32-Stunden-Woche fordert, ist Keller derweil gar nicht begeistert: «Das sind welsche Hüftschüsse, Griffe in die Mottenkiste.» Um die Gelegenheit für weitere Gefechte unter der Gürtellinie zu minimieren, findet die Gründung nun auch im peripheren Schaffhausen statt: «In Bern wären auf einen Deutschschweizer fünf Welsche gekommen.»

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