Kommentar: Harmonisierung, halbbatzig

Nr. 7 –

Gibts Stipendien für die Ausbildung an einer Fachhochschule? Was, wenn die Hochschule am anderen Ende der Schweiz liegt? Und wie wenig müssen die Eltern verdienen, dass es überhaupt welche gibt? Das kommt auf den Kanton an. Das schweizerische Stipendienwesen wuchert in föderalistischer Manier unüberschaubar herum.

Das wollte eine Initiative ändern, die der Verband Schweizer Studierendenschaften (VSS) im Januar 2012 eingereicht hatte und die das Stipendienwesen harmonisieren wollte. Denn die Unterschiede, die zwischen den Kantonen bei den Vergabekriterien, ebenso aber bei der Höhe der jeweiligen Beiträge bestehen, sind enorm.

Doch der Bundesrat hatte andere Pläne und entwarf einen indirekten Gegenvorschlag. Am Erscheinungstag dieser WOZ läuft die Vernehmlassungsfrist für die Revision dieses sogenannten Ausbildungsbeitragsgesetzes aus.

In einer vierzigseitigen Publikation zeigt nun der VSS detailliert auf, welche Auswirkungen der Gegenvorschlag hätte und, wichtiger, welche nicht. Dass das Stipendienwesen formell harmonisiert werden soll, sieht auch der Bund ein. Bei Vergabekriterien und Bemessungsgrundlagen von Stipendien sollen künftig landesweit die gleichen Regeln gelten. Von einer finanziellen Harmonisierung, wie sie der VSS fordert, will der Bundesrat jedoch nichts wissen.

Das heisst: Die Kantone sollen weiterhin selbst über die Höhe der Beiträge bestimmen. Und die Kantone tun, was sie wollen: Während der Kanton Jura 85 Franken Stipendiengelder pro EinwohnerIn ausgibt, sind es im Kanton Schaffhausen gerade mal 19.

Dieses Ungleichgewicht würde mit der Annahme des Gegenvorschlags nicht gemildert, im Gegenteil: Da dieser vorsieht, die Vergabe der Bundesgelder nach der Eigenleistung der Kantone zu verteilen, könnte es sein, dass finanzschwache, wenig engagierte Kantone gegenüber den «spendableren» weiter ins Hintertreffen geraten. Wer im Kanton X wohnt, keine reichen Eltern hat und keinem StudentInnenjob nachgehen kann, für den wirds heissen: Tja, Pech, dass du nicht aus dem Kanton Y kommst. 

Eine etwas absurde Auslegung des in der Verfassung festgeschriebenen Grundsatzes der Chancengleichheit.