Kultour

Nr. 7 –

Ausstellung

Architekturfotografie in Graubünden

Graubünden ist fotogen. Die Ausstellung «Ansichtssache – 150 Jahre Architekturfotografie in Graubünden» zeigt, wie die Fotografie zusammen mit dem Tourismus in den Bergkanton kam – und eng mit ihm verbunden blieb.

Die touristische Entwicklung führte auch zu verkehrstechnischen Ausbauten mit spektakulären Konstruktionen. Dazu gehören auch gewagte Brückenbauten und abenteuerliche Linienführungen für Bahn und Strasse. Die Fotografien im Bündner Kunstmuseum dokumentieren, wie sich historische Bauten und Dorfbilder über einen Zeitraum von 150 Jahren verändern. Sie zeigt auch, welche Sujets für Werbung und Postkarten Verwendung gefunden haben und wie sich ihre Wahrnehmung wandelt. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich in Graubünden eine eigenständige zeitgenössische Architektur entwickelt, deren wichtigste Beispiele weit über die Landesgrenzen hinaus Beachtung finden.

Die publizistischen Beiträge im reich bebilderten Katalog stammen von Benedikt Loderer, Aline Tannò, Philip Ursprung und anderen. In der Ausstellung finden sich anonyme historische Fotos sowie auch Arbeiten von Ernst Ludwig Kirchner, Hans Danuser, Katalin Déer, Margherita Spiluttini oder Jules Spinatsch. Erweitert wird die Ausstellung durch den Einbezug von Galerien in Chur.
Fredi Bosshard

«Ansichtssache – 150 Jahre Architekturfotografie in Graubünden» in: Chur Bündner Kunstmuseum, 
Fr, 15. Februar 2013, 18 Uhr, Vernissage. Einführung: Stephan Kunz und Köbi Gantenbein, anschliessend Konzert mit Curdin und Domenic Janett. 
Di–So, 10–17 Uhr; Do, 10–20 Uhr. Bis 12. Mai. 
www.buendner-kunstmuseum.ch

Subodh Gupta

Der im indischen Bundesstaat Bihar geborene Subodh Gupta lebt seit den neunziger Jahren in Delhi. Dort setzt er sich mit den Mitteln von Malerei, Skulptur und Video mit dem religiös geprägten ländlichen Leben seiner Heimat auseinander. Mithilfe von Alltagsgegenständen wie Geschirr, Pfannen, Kessel oder Velos schafft er Stimmungsbilder, die das Leben der Bevölkerung in ihren sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Verästelungen in einer komplexen Gesellschaft reflektieren.

Gupta wurde 1995 durch seine Teilnahme an der Biennale von Venedig bekannt und konnte seither Einzelausstellungen in Glasgow und Tampere (Finnland) realisieren. Nun richtet ihm das Kunstmuseum in Thun die erste Einzelausstellung in der Schweiz ein. In seinen aktuellen Werken «Ancestor Cupboard» und «Family Nest No. 3» hat Gupta industriell gefertigte Gegenstände mit traditionellen Gefässen und Erbstücken der ländlichen Gegenden zusammengebracht. Für Thun hat er mit «Renunciation» eine aktuelle Replika der Felsen im afghanischen Bamiyan-Tal geschaffen, um so an die 2001 von Talibankämpfern zerstörten Buddhastatuen zu erinnern.
Fredi Bosshard

Subodh Gupta «Spirit Eaters» in: Thun Kunstmuseum, Fr, 15. Februar 2013, 18.30 Uhr, Vernissage. Einführung: Helen Hirsch. 
Di–So, 10–17 Uhr; Mi, 10–19 Uhr. Bis 28. April. 
www.kunstmuseumthun.ch

Serge Stauffer

Im grössten Raum des Zürcher Helmhauses ist eine Landschaft aus 216 Würfeln aufgebaut. Diese können die BesucherInnen als Sitzgelegenheiten nutzen – oder sie in neue Zusammenhänge bringen. Sie ermöglichen einen Einblick in das vielseitige Schaffen des Zürcher Künstlers, Kunsttheoretikers, Lehrers und Marcel-Duchamp-Kenners Serge Stauffer (1929–1989). Stauffer lehrte in den fünfziger und sechziger Jahren in der Fotoklasse der Kunstgewerbeschule und schuf 1965 zusammen mit Hansjörg Mattmüller die Klasse Form und Farbe (F+F). Trotz seines grossen Interesses an Surrealismus und Fluxus blieben seine eigenen Arbeiten sachlich und schnörkellos.

Gemeinsam mit seiner Frau Doris Stauffer, die den Kurs «Teamwork» einrichtete, war Serge Stauffer in den frühen siebziger Jahren eine prägende Figur in der Verbindung von Kunst und politischem Engagement. Nach Protesten im Zusammenhang mit den Jahren um 1968 traten Lehrer und Studentinnen aus der restriktiven Kunstgewerbeschule aus und gründeten 1971 die «F+F Schule für experimentelle Gestaltung Zürich». Als Lehrer prägte Stauffer so eine ganze Generation von Studierenden. Die Ausstellung «Kunst als Forschung», in der auch Werke von gegen fünfzig mit Stauffer verbundenen KünstlerInnen zu sehen sind, ermöglicht einen neuen Blick auf die Zeit von den fünfziger bis zu den siebziger Jahren.
Fredi Bosshard

«Serge Stauffer – Kunst als Forschung» in: Zürich Helmhaus, Do, 14. Februar 2013, 18 Uhr, Eröffnung. 
Di–So, 10–18 Uhr; Do, 10–20 Uhr. Bis 14. April.

Naturforschung: Olga Mötteli, Pionierin

In einer kleinen, aber feinen Ausstellung im Naturmuseum Thurgau in Frauenfeld gibt es aktuell die Arbeit einer Frau zu entdecken, die in vielerlei Hinsicht aus dem zeitgenössischen gesellschaftlichen Rahmen fiel: Olga Mötteli, 1886 in Frauenfeld geboren, blieb zeitlebens unverheiratet und verschrieb sich stattdessen mit Haut und Haar der Naturforschung. Weil ihr als Frau der Besuch des Gymnasiums und damit auch eine akademische Ausbildung verwehrt war, eignete sie sich das Biologiefachwissen selbst an, verschaffte sich 1917 Zugang zur Thurgauischen Naturforschenden Gesellschaft und leitete von 1936 bis zu ihrem Tod 1944 als erste Frau überhaupt das Naturmuseum Thurgau.

Im Kabinett des Museums lassen sich nicht nur ihre filigranen Farbstiftzeichnungen verschiedenster Pflanzen bewundern oder Skizzenhefte mit Studien zu Schnecken; staunen darf man auch ob der Tausenden gesammelter Schneckenhäuschen, sorgfältig sortiert und beschriftet in vielen kleinen Schachteln. Über Mötteli als Forscherin legt auch ihr Briefwechsel mit andern Wissenschaftlern Zeugnis ab, an einer Hörstation lässt sich sogar einem Vortrag von ihr lauschen. Wer mehr über die Frau erfahren will, die sich so erfolgreich in einer Männerdomäne behauptete, sich mit 58 Jahren aber das Leben nahm, sollte ihr oder sein Ohr auch den Zeitzeuginnen schenken, die an einer weiteren Hörstation über Olga Mötteli berichten.
Franziska Meister

«Moosspaziergänge – Schneckenfahrten. Arbeiten von Olga Mötteli» in: Frauenfeld Naturmuseum Thurgau, Di–Sa, 14–17 Uhr; So, 12–17 Uhr. 
www.naturmuseum.tg.ch

Theater

Paul-Grüninger-Stück

Als kantonaler Polizei- und Grenzkommandant rettete Paul Grüninger (1891–1972) in den Jahren 1938/39 einige Hundert, vielleicht mehrere Tausend jüdische und andere Flüchtlinge vor der nationalsozialistischen Verfolgung (vgl. Kommentar «Primeurs und Geschichte« ). Unter Missachtung von Weisungen des Bundes ermöglichte er ihnen den Grenzübertritt ins St. Galler Rheintal. 1939 wurde er fristlos entlassen, 1940 gerichtlich verurteilt.

Vom Bezirksgericht St. Gallen rehabilitiert wurde Grüninger erst 1995 – über zwei Jahrzehnte nach seinem Tod. Zu verdanken war dies unter anderen dem Einsatz von PolitikerInnen wie Paul Rechsteiner und JournalistInnen wie WOZ-Redaktor Stefan Keller, dessen Buch «Grüningers Fall» 1993 erschien. Mit dem Geld, das 1998 die St. Galler Kantonsregierung als Entschädigung an Grüningers Nachkommen zahlte, wurde die Paul-Grüninger-Stiftung gegründet, die sich seither für VerteidigerInnen von Menschenrechten einsetzt. Inzwischen ist in St. Gallen gar ein Fussballstadion nach dem Flüchtlingsretter bekannt: das Paul-Grüninger-Stadion des Quartiervereins SC Brühl, mit dem Grüninger 1915 als linker Flügel Schweizer Meister wurde.

In der St. Galler Lokremise wird nun vom Theater St. Gallen ein szenisches Dokument mit dem Titel «Paul Grüninger – Ein Grenzgänger» uraufgeführt. Die Textfassung des Stücks, das sich vor allem an Jugendliche wendet, basiert auf bereits vorhandenen Recherchen und passenden literarischen Texten. Sie beinhaltet unter anderem Auszüge aus Briefen und weiteren Dokumenten, die Regisseurin Elisabeth Gabriel und ihre Mitautorin Nina Stazol von Ruth Roduner, der Witwe von Paul Grüninger, zur Verwendung erhalten haben.
Adrian Riklin

«Paul Grüninger – Ein Grenzgänger» in: St. Gallen Lokremise, Fr, 15. Februar 2013, 14 Uhr; Di, 19., 
10 und 14 Uhr; Mi, 20., 10 Uhr; Mo, 25., 10 und 
14 Uhr; Di/Mi, 26./27., 10 Uhr; Do, 28., 14 Uhr. Weitere Vorstellungen sowie Informationen für Schulen: www.theatersg.ch