Einwanderung: Warnung vor der Massenprosa

Nr. 48 –

Die Prosa aller Schlechtigkeiten beginnt die SVP mit «Masse» und «Mass»: Ohne Masshalten seien die Folgen der Einwanderung «täglich spür- und erlebbar». Überfüllte Züge, verstopfte Strassen, steigende Mieten, Verlust von wertvollem Kulturgut, Lohndruck, Kriminalität. Da helfe nur die «Masseneinwanderungsinitiative».

So haltlos die SVP all die Missstände einzig auf die Einwanderung zurückführt: Die Initiative ist gefährlich. Denn sie nennt ein paar Wirklichkeiten. Ja, es stimmt: Die Züge sind spürbar überfüllt, die Mieten empfindlich zu hoch. Und so klingt aus der Initiative jener wohlbesorgte Ton, der (wie später dann wohl auch bei der Ecopop-Initiative) sogar in Kreisen Zustimmung findet, die sich selbst als weltoffen definieren.

Der Grund dafür, dass der Bundesrat (mit dem Hinweis auf den Fachkräftemangel) und die Economiesuisse (mit der Feststellung, dass die Schweiz die Krise nur dank der bilateralen Verträge überstanden habe) ihre ersten Gegenzüge derart halbherzig spielen, liegt auf der Hand: Die wahren Gründe für die Missstände liegen zum grossen Teil in ebendieser bürgerlichen Politik, die sie vertreten.

Und die SP? Fordert «flankierende Massnahmen». Immerhin. Doch die müssen zentral sein: zentral für die gesamte Bevölkerung – zentral gegen die Politik, die zu all dem führt, was die SVP der Einwanderung in die Schuhe schiebt.

Gegen überfüllte Züge und zu hohe Mieten: bevölkerungsgerechte Raumplanung, Wohn-, Boden- und Steuerpolitik. Gegen Lohndruck: einen Mindestlohn für alle. Und ganz generell: eine spürbare Rückverteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Zentrale Massnahmen auch gegen den Personalmangel. Zum Beispiel, indem sich Frauen, die über den Familiennachzug einreisen, zu Pflegefachfrauen ausbilden können. Allein daran liesse sich zeigen, dass sich Eigennutz und Solidarität nicht ausschliessen. Der gemeinsame Nutzen: Das ist das zentrale Mass.

Die Verschärfung der Einbürgerungsbestimmungen in Bern am letzten Sonntag, das Burkaverbot im Tessin, der Wahlerfolg des rechtsnationalen Mouvement Citoyens Genevois (MCG) in Genf zeigen: Fremdenfeindliche Positionen sind salonfähig. Schon am 9. Februar kommt es zur «Massen»-Abstimmung. Es gibt zu tun.