Fischerei im Senegal: Dann bleibt noch die Sardine

Nr. 18 –

Ausländische Industrieschiffe, zu viele einheimische Pirogen und mangelnde Transparenz: Das Nachsehen haben die Fischer und Fischverarbeiterinnen an den Küsten des Senegal. Ein Tag an einem Strand südlich von Dakar.

  • Auf der Suche nach Zackenbarsch, Silbergürtel oder Plat-Plat: Eine zurückgekehrte Piroge wird am Strand von Mbour getrocknet.
  • Arbeiten, wo es einem fast den Atem verschlägt: Die sechzigjährige Fischpöklerin Thiaba Faye wartet seit einer Woche auf ihren Sohn.
  • Für Silbergürtel zahlen illegal arbeitende koreanische Händler hohe Preise.
  • Kleinfischerverbandspräsident: «Viel zu viele Fischer, viel zu viele Pirogen.»
  • 400 Kilogramm Fisch pro Schiff und Tag, sonst drohen Verluste.

Noch ist die Sonne an der Küste des Senegal nicht aufgegangen. Doch am Strand von Mbour herrscht bereits Hochbetrieb. Die ersten Fischer, die in der Nacht auf dem Meer arbeiteten, kommen zurück, ziehen ihre knallbunten Pirogen an Land. Kräftige Träger balancieren Kisten voller Fische auf dem Kopf, bringen sie an den Strand. Kunden feilschen um den besten Preis, Fischverkäuferinnen entschuppen die glitschigen Tiere, Zwischenhändler tragen die schweren Behälter zur Markthalle, verpacken sie für den Engrosverkauf. Mamadou Touré ist enttäuscht: eine Kiste voller Fische in einer ganzen Nacht. «Das rentiert sich kaum mehr», klagt der 47-jährige Fischer. «Vor zwanzig Jahren sind wir fast jede Nacht mit Hundert vollen Kisten zurückgekommen.» Heute passiert es immer wieder, dass er mit einem leeren Boot heimkehrt.

Bis vor gut zehn Jahren war die Fischerei im Senegal ein lukratives Geschäft, Fischer galten gemeinhin als wohlhabende Leute. Mit der Dürrezeit in der Sahelzone, die in den siebziger Jahren begann und in die Hungerkatastrophe von 1984 mündete, zogen Tausende von Familien an die Küste und begannen, vom Fischfang zu leben. Auch in der Stadt Mbour, die rund siebzig Kilometer südlich von Dakar liegt. Geschäftsleute aus der Hauptstadt und dem benachbarten Ausland witterten ein Geschäft: Sie kauften Boote und vermieteten diese für gutes Geld.

So stieg die Zahl der Pirogen von 3000 im Jahr 1980 auf heute rund 20 000. Fast die Hälfte dieser farbenfroh bemalten Boote ist nun an den Stränden verankert und wird kaum noch zum Fischen benutzt. In den letzten Jahren haben etliche Besitzer ihre Boote an junge Männer verkauft, die ihr Glück in Europa versuchen wollten. Auch Mamadou Touré machte sich vor fünf Jahren auf einem dieser Schiffe auf den Weg und landete in Teneriffa. Doch nach wenigen Tagen wurde er nach Dakar ausgeschafft. «Fast jede Familie hier in Mbour hat jemanden in Europa. Zum Glück konnte mein Bruder auf einem spanischen Schiff anheuern. Jetzt unterstützt er unsere Familie, und ich kann hier bleiben.»

Ausgeplündert

Rund zwanzig Prozent der vierzehn Millionen SenegalesInnen sind direkt von der Fischerei abhängig. Sie generiert dreissig Prozent der Exporteinnahmen, wobei etwa drei Viertel der exportierten Fische von einheimischen Pirogen aus gefischt werden. So die offiziellen Zahlen. Wie sie ermittelt wurden, bleibt unklar. Denn bis vor kurzem wurden die Fänge kaum kontrolliert. Damit sich die in den letzten zwanzig Jahren drastisch reduzierten Fischbestände vor der Küste Westafrikas einigermassen erholen können, dürfen beispielsweise Tiere, die die Laichreife noch nicht erreicht haben, nicht gefischt werden. Dennoch werden am Strand von Mbour kistenweise Jungfische feilgeboten. «Was sollen wir denn tun?», fragt Mamadou Touré. «Die Zeit der enormen Fischbestände ist vorbei. Wir müssen nehmen, was wir kriegen. Sonst haben wir nichts zu essen.» Bis ins Jahr 2000 gab es genug Fische für alle. «Aber Riesentrawler aus Russland, Asien und der EU haben so viel aus dem Meer geholt, das haben wir gar nicht für möglich gehalten», so Touré. Laut Greenpeace bräuchten 56 Pirogen ein ganzes Jahr, um die Menge zu fischen, die ein solches Industrieschiff an einem einzigen Tag fängt und verarbeitet.

Auf einer grossen Piroge arbeiten manchmal mehr als zwanzig Männer. Für 50 Kilogramm erhalten die Fischer rund 200 Franken – je nach Art und Nachfrage. Doch der Diesel, die Miete des Boots und die Gerätschaften kosten viel. «Wenn wir nicht mindestens 400 Kilogramm heimbringen, machen wir ein Minusgeschäft», sagt Touré. Das ist heute oft der Fall. Unter anderem, weil ausländische Industrieboote mit ihren inzwischen verbotenen Grundschleppnetzen einen grossen Teil der Fischgründe und Laichplätze zerstört haben.

Wenn die Flut Häuser unterspült

Während sich Mamadou Touré um die Ecke ein Frühstücksbrot holt, legen mehrere Pirogen an. Der Strand wirkt jetzt geschäftiger, der Fischhandel läuft auf Hochtouren. Hausfrauen suchen nach dem passenden Angebot für das Mittagessen, Köchinnen bieten frittierte Fische als Snack an. Es wird begutachtet und diskutiert, gefeilscht und gehandelt. Und mitten durch das Getümmel stapft ein ausgemergeltes Pferd mit einem Karren durchs Wasser auf eine Piroge zu. Fischer und Kisten werden im Karren ans Ufer gebracht. Eile ist angesagt, denn um kurz nach zehn Uhr kommt die Flut, und der Strand schwindet.

«Manchmal kommt das Wasser bis zur Markthalle», sagt der alte Fischer Badou Ndoye. Der Meeresspiegel hat sich in den letzten Jahren merklich erhöht, und das Meer hat mindestens zwölf Meter Strand abgetragen. Er zeigt auf das grösste Haus am Ort: «Das habe ich vor etwa zwanzig Jahren am Stadtrand gebaut, heute steht es direkt am Strand.» Einige Male haben die Flutwellen sogar schon die Mauern erreicht. Ndoye befürchtet, dass sein Haus bald unterspült wird – so wie es bereits in Toubab Diallaw, einem benachbarten Dorf, aber auch in der ganz im Norden des Senegal gelegenen Stadt St. Louis immer wieder passiert.

Konkurrenz durch neue Fabriken

Die Sonne steht schon hoch am Himmel, als ein Eselskarren vier Kisten kleine Fische und Muscheln an einen wenige Kilometer entfernten Verarbeitungsplatz bringt. Dort wird ausgenommen und gepökelt, geräuchert und getrocknet. Der beissende Geruch ist von weither wahrnehmbar und verschlägt einem fast den Atem, wenn man zwischen den Bergen von getrockneten Fischen steht. Hier arbeitet Thiaba Faye seit dreissig Jahren. Heute hat sie keinen Fisch gekauft. «Es gibt zu wenig, und er ist zu teuer», sagt die Sechzigjährige. Früher hat sie auch grosse Fische verarbeitet. Aber diese werden nun exportiert. Allein in Mbour sind in den letzten fünf Jahren vier neue Fischfabriken entstanden. Diese Firmen lassen tonnenweise frischen Fisch für den Verkauf nach Asien und Europa präparieren und einfrieren. «Wenn ich am Strand mit meinen Körben neben den Männern der Fabriken stehe, gehe ich meistens leer aus», ärgert sie sich. «Die kaufen einfach den ganzen Strand leer.»

Aber es gibt Fische, die für den Exporthandel nach Übersee uninteressant sind. Dazu zählt der Plat-Plat, ein etwa zwanzig Zentimeter langer Plattfisch. «Nein, wir essen den auch nicht», sagt Thiaba Faye lachend. «Da ist ja gar nichts dran!» Die Frauen verarbeiten ihn nur auf Bestellung für Kunden aus Togo. Ein Händler aus Lomé ist an diesem Tag mit dem Schiff angereist. «Wir brauchen den getrockneten Plat-Plat, um unserem Essen den richtigen Geschmack zu geben», sagt er. Den Händler riefen die Frauen vor einer Woche an, nachdem die Fischer grosse Mengen Plat-Plat gefangen hatten. Erst als der Togolese zusagte, eine grosse Menge des verarbeiteten Produkts zu einem vereinbarten Preis zu übernehmen, kauften und verarbeiteten die Frauen den Fisch.

Klack, klack. Klack, klack. Thiaba Faye dreht nochmals alle zum Trocknen ausgelegten Fische auf den Holzgerüsten. Das Handwerk hat sie von ihrer Tante und ihrer Grossmutter gelernt. Heute arbeitet sie Seite an Seite mit ihrer 22-jährigen Tochter. Vom Strand her weht der Wind etwas Sand durch die Luft, lässt ihr farbiges Kopftuch flattern. Klack, klack. Zwei weitere Frauen gehen gerade derselben Tätigkeit nach. «Hier arbeitet jede für sich, jede auf eigene Rechnung.» Aber der Profit hat sich wegen der hohen Fischpreise extrem verringert. «Vor fünfzehn Jahren haben wir oft das Zehnfache verdient», sagt Faye.

Für Arbeiten wie das Schleppen der schweren Kisten haben die Frauen Männer engagiert. Das Pökeln, Räuchern und Trocknen ist traditionellerweise Frauenarbeit. Zu den rund 180 Frauen, die in Mbour in der Fischverarbeitung tätig sind, sind wegen der zunehmenden Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren etwa vierzig Männer hinzugekommen. «Aber wir Frauen sind untereinander solidarisch», so Thiaba Faye. Schliesslich hätten die Männer andere Arbeitsmöglichkeiten, die den Frauen nicht offenstünden. «Wenn es zu wenig Fisch gibt, schauen wir, dass alle Frauen einen Teil kaufen können. Es ist für uns undenkbar, dass eine mehrere Kisten kauft und die andere gar nicht arbeiten kann.»

Die privilegierte Stellung der Männer stellt für Faye ein Problem dar. Deshalb sind die Verarbeiterinnen von Mbour im nationalen Netzwerk der Fischereifrauen (Refepas) engagiert. «In der Fischerei sind zwar mehr Frauen als Männer beschäftigt, aber die Fischereiorganisationen werden alle von Männern geführt, die gegenüber der Regierung vor allem die Interessen der Männer vertreten», kritisiert Diaba Diop, die Generalsekretärin der Organisation. So hat der Staat zuletzt viel in die Fischerei investiert: Quais sind ausgebessert worden, und die Fischer haben Subventionen erhalten – für Netze, Motoren und Westen etwa. Bei den Verarbeitungsplätzen aber ist noch nicht viel passiert. «Um beispielsweise die EU-Normen für den Export der verarbeiteten Fische einhalten zu können, brauchen wir dringend Wasseranschlüsse, Elektrizität und bessere Gerüste für das Trocknen der Fische», so Diop. Doch dafür fehlt den Frauen das Geld. «Weil der Staat uns nicht unterstützt, müssten wir Geld ausleihen. Aber die Zinsen sind so hoch, dass wir keine Kredite aufnehmen können.» Thiaba Faye wünscht sich deshalb bessere Konditionen für Mikrokredite.

Wohlstand mit 26 Kindern

Es ist Mittag geworden, und die Luft beginnt zu flirren. Der Ventilator im Haus von Badou Ndoye dreht sich zuverlässig im Kreis, verteilt die heisse Luft, die vom Innenhof ins Zimmer strömt. Der alte Fischer sitzt auf einem pompösen Holzbett, blickt hin und wieder auf den rauschenden Bildschirm des Fernsehapparats, über den die körnigen Bilder einer senegalesischen Komödie ziehen. Ndoye erzählt von seinem Leben auf dem Meer, davon, wie seine Familie dank seines Wohlstands gewachsen ist. 26 Kinder hat er mit verschiedenen Frauen. Seinen Hof musste er deshalb immer wieder vergrössern.

Auf dem Innenhof wird gerade das jüngste Urenkelkind in einem Waschzuber eingeseift, es wehrt sich lautstark gegen dieses Unterfangen. Ein Schaf spaziert blökend vorbei, streift ein Leintuch, das von der Wäscheleine herunterhängt. Das Familienoberhaupt zeigt auf die vielen Bilder an den Wänden: ein golden gerahmtes «Allahu Akbar» (Gott ist gross), Fischer in Pirogen in den sechziger Jahren, ein vergilbtes Abbild eines verehrten Marabouts, das Anerkennungsschreiben des Bürgermeisters für seine Verdienste um die Gemeinde. Denn während vieler Jahre war er als «chef du quai» verantwortlich für die Anlegestelle der Fischerbote in Mbour und somit eine Respektsperson, die jede und jeder im Dorf kannte. Auf das Meer hinaus geht er seit vielen Jahren nicht mehr. «Das ist nichts für alte Männer. Das sollen jetzt die Jungen machen.»

Wehmütig erinnert er sich an eine Zeit, in der man die Fische in den hohen Wellen am Strand von blossem Auge sah. «Als Kinder haben wir die lebenden Fische, die an Land gespült wurden, einfach vom Strand aufgelesen», erzählt der 83-Jährige. Sein Grossvater brachte 1890 die erste Piroge nach Mbour. Der Weiler zählte damals sechs Häuser und eine kleine Moschee – und ist erst in den letzten dreissig Jahren gewachsen: auf 80 000 EinwohnerInnen Ende der achtziger Jahre, auf heute über 200 000.

Thieboudienne ohne Thiof

Eine seiner Schwiegertöchter bringt eine grosse Platte ins Zimmer: Es gibt Thieboudienne, das senegalesische Nationalgericht. «Früher kochten wir unser Thieboudienne mit grossen Fischen mit weniger Gräten», sagt Badou Ndoye. Der beliebteste Fisch war damals der Thiof, der weisse Zackenbarsch. Diesen können sich heute aber die wenigsten Familien leisten, weil er so selten und teuer geworden ist. Wenn er doch gefangen wird, wird er nach Übersee oder an grosse Hotels in Dakar verkauft.

Zwei Söhne und drei Kinder kommen ins Zimmer, setzen sich auf den Boden. Einige nehmen einen Löffel, die anderen klauben mit den Fingern Fisch- und Gemüsestücke von der Platte, mischen sie mit dem schmackhaften Reis. Geredet wird nicht viel, bis sich alle satt zurücklehnen. Ein Wasserkrug macht die Runde, und eine Tochter bringt Tee: süss, scharf, stark. Am Glas nippend, erzählt Ndoye von früheren Zeiten und dass er abends nicht ruhig schlafen kann, wenn er an die schwindenden Fischbestände denkt.

Es ist 17 Uhr. Ndoye zieht seinen beigen Boubou an, den traditionellen senegalesischen Kaftan, und begibt sich ans Ufer. Nach der Flut bietet der Strand wieder Tausenden von Leuten Platz, die ihren geschäftlichen und sozialen Aktivitäten nachgehen. Es ist die Zeit, zu der die Tagesfischer zurückerwartet werden. Schon tauchen die ersten Pirogen auf, hohe Wellen heben sie empor, lassen sie wieder aufs Wasser krachen. Am Strand angekommen, schleifen jeweils ein Dutzend Männer die schweren Boote mit Seilen an Land. Träger und Helfer werden mit einem Fisch oder mit einem Trinkgeld entschädigt. Und plötzlich herrscht grosse Aufregung.

Eine zwanzig Meter lange Piroge hat zahlreiche Kisten mit Silbergürteln, einem langen, schmalen Fisch, an Bord. Die Körbe werden umringt, die Händler debattieren lautstark – und verstummen. Denn auf einmal drängen sich zwei Koreaner durch die Menschenmenge. Sie wurden bereits vor der Ankunft der Piroge telefonisch informiert, dass grosse Mengen dieses in Korea besonders beliebten Speisefischs gefangen wurden. «In Asien wird der Silbergürtel mit dem Netz gefangen, im Senegal aber mit der Langleine», erklärt Min Byung Je, einer der beiden Asiaten. «Das hat einen grossen Einfluss auf die Qualität.» Der Fisch ist heute besonders teuer. Weil er aber gleich alle Kisten kaufen möchte, will er den Preis noch etwas drücken. Eigentlich dürfte Min Byung Je weder direkt auf dem Quai einkaufen, noch dürfte er, der Inhaber der Seoul Peche S. A., eine Firma im Senegal besitzen. Für beides fehlt ihm die senegalesische Staatsbürgerschaft beziehungsweise die entsprechende Lizenz. Da aber jegliche Kontrollen fehlen, geht er unbehelligt seinen illegalen Geschäften nach.

Fisch kennt keine Nationen

Derweilen streiten sich am Strand ein paar magere Katzen um die Überreste ausgenommener Fische und machen so Hunderten von Vögeln Konkurrenz, die über dem Strand in der Luft kreisen. Zwei alte Männer waschen sich die Füsse, es ist Zeit für das Abendgebet. Eine Erdnussrösterin stillt ihr Kind, ein paar Knaben rennen zwischen Hunderten von Pirogen umher. Fischer flicken die Netze und lachen über einen Mann, der Faxen macht. Thiaba Faye legt eine soeben erstandene Dorade und ein paar Sardinen für das Abendessen in einen Plastikkübel. Ihr Sohn ist seit über einer Woche auf dem Meer. Heute ist er noch nicht zurückgekommen: «Er ist bis nach Mauretanien gefahren.»

Im Gegensatz zum Senegal hat Mauretanien keine einheitliche Regelung in Sachen Fischerei. Die Regierung in Nouakchott erteilt bereitwillig Lizenzen an Interessierte – und verdient damit viel Geld: Ein Drittel von Mauretaniens Staatshaushalt wird durch die ausländische Fischerei erwirtschaftet. Auch weil Fisch dort nur selten auf dem Speiseplan steht, jagen vor Mauretaniens Küste ausländische Industrieschiffe – und auch rund 400 senegalesische Pirogen. «Wer dort was und wie fischt, ist völlig unklar. Es fehlt jede Transparenz», erklärt Gaoussou Gueye, der Generalsekretär des westafrikanischen Kleinfischerverbands. «Für die Fischbestände ist diese Politik fatal, denn die Tiere halten sich bekanntlich nicht an nationale Grenzen.»

Am Strand von Mbour dämmert es. Schon stechen die ersten Pirogen wieder ins Meer. Lampen leuchten auf, und am Strand entfachen Köchinnen Feuer, braten frisch gefangene Fische. Erst wenn das letzte Licht des Tages verschwindet, leert sich der Strand. Thiaba Faye balanciert den Plastikkübel mit den Fischen fürs Abendessen auf dem Kopf nach Hause. Morgen wird sie wieder zum Strand gehen. Auf der Suche nach günstigem Fisch. Um zu sehen, ob ihr Sohn aus Mauretanien zurückgekehrt ist und ob er viel Fisch mitgebracht hat. Doch vorerst wird der Strand von Mbour immer schmaler: Der Einbruch der Nacht kündigt die nächste Flut an.

Unnötige EU-Subventionen

Die Fischereiindustrie in der EU hat eine starke Lobby: Immer wieder kann sie glaubhaft machen, dass ihr Wirtschaftszweig ohne Fördergelder zusammenbrechen würde – und mit ihm Arbeitsplätze, Steuereinnahmen, ja eine traditionelle Industrie verloren gingen.

Laut einer neuen Studie der British Columbia University in Vancouver generiert die Industriefischerei heute weltweit einen Umsatz von 90 Milliarden US-Dollar pro Jahr – und wird mit 35 Milliarden subventioniert. 20 Milliarden dieser staatlichen Gelder fliessen in den Ausbau von Häfen und Zufahrtsstrassen und werden für den Kauf von effizienteren Booten, Motoren und Gerätschaften verwendet. Dies alles, obschon ein aktueller Bericht des EU-Rechnungshofs besagt, dass die Fischereiindustrie auch ohne Subventionen lukrativ wäre.

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