Was weiter geschah: Dragneas Kampf für alle korrupten Gefangenen

Nr. 26 –

In Bukarest werden in diesen Wochen viele Vuvuzelas geblasen. Nicht aber von Fussballfans. DemonstrantInnen lassen die Tröten ertönen – gegen die Korruption.

Liviu Dragnea, als Parlamentspräsident mächtigster Politiker Rumäniens, wurde vergangene Woche vom obersten rumänischen Gericht zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Die Verkündung ist verschoben worden, weil Dragnea auf Einladung des Nationalratspräsidenten in der Schweiz weilte. Dragnea soll wegen Amtsmissbrauch ins Gefängnis. Vorerst jedoch ändert das neue Urteil wenig: Er kann in Berufung gehen, und die Unterstützung seiner Partei, der sozialdemokratischen PSD, ist ihm sicher.

Nach dem Urteil erklärte Dragnea, dass sich die PSD radikalisieren werde. Sie werde zerstören, was er «illegitimen Parallelstaat» nennt oder mit der Securitate gleichsetzt, der Staatssicherheit in der Ceausescu-Diktatur. Mit dieser «Staatssicherheit» jedoch meint Dragnea – dessen PDS eine der Nachfolgeparteien von Ceausescus Kommunistischer Partei ist – die unabhängige Justiz.

In seinem Kampf für alle korrupten Gefangenen kann sich Dragnea auf eine komfortable Parlamentsmehrheit verlassen. Auch die sozialliberale Regierung und das Verfassungsgericht, dessen Mitglieder fast alle von der PSD berufen wurden, unterstützen ihn. Kurz vor Dragneas neuster Verurteilung beschloss das Parlament zudem eine Justizreform. Nun muss ein Urteil, das nicht die Unterschriften aller RichterInnen trägt, neu verhandelt werden – auch jenes, mit dem Dragnea 2016 wegen Wahlfälschung verurteilt worden war, bei dem jedoch die Unterschrift eines Richters fehlt, der damals gerade in Rente ging. Zudem hebelt die Justizreform in Korruptionsermittlungen jeglichen Schutz für WhistleblowerInnen aus und erschwert die Verfahrenseröffnung.

Wie Dragneas Verurteilung ist die Justizreform noch nicht rechtskräftig. Staatspräsident Klaus Iohannis, der der Opposition nahesteht, kann ein Veto einlegen – das jedoch wiederum durch einen Parlamentsentscheid nichtig gemacht werden kann. In Rumänien dauert der Wettkampf zwischen den Gewalten um die Gewaltenteilung bereits anderthalb Jahre – und geht weiter.

Nachtrag zum Artikel «Korruption: Zweifelhafter Besuch in Bern» in WOZ Nr. 22/2018 .