LeserInnenbriefe

Nr. 15 –

Ex hohlo Baucho

«LeserInnenbriefe: Fragwürdig», WOZ Nr. 14/2019

Dr. Schnyder schreibt im Leserbrief an die WOZ, es gebe in der Schweiz genügend PsychiaterInnen. Dr. med. Pierre Vallon, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, schreibt dagegen im «20  Minuten» vom 20.  Januar 2019: «Trotz fehlender Ausbildung dürfen ausländische Ärzte in der Schweiz als Fachärzte Psychiatrie arbeiten. Das ist eine Täuschung der Patienten.» Warum werden sie in Institutionen eingesetzt? Weil es an einheimischen PsychiaterInnen fehlt. Auch Letztere arbeiten übrigens häufig jahrelang ohne Therapieausbildung in Institutionen und «therapieren» ex hohlo Baucho. Im Studium lernen sie einen knappen Monat Psychopathologie, PsychologInnen sechs Jahre! Was sie danach in der AssistenzärztInnen-Ausbildung lernen, hängt von der Oberärztin ab, die oft keine Zeit hat – so werden sie nicht selten von PsychologInnen ausgebildet, die sie dann zwei Jahre später in der Hierarchie überholen können. Machen sie eine Therapieausbildung, ist diese in aller Regel kürzer als die von psychologischen PsychotherapeutInnen, die keineswegs heterogen, sondern eidgenössisch anerkannt ausgebildet sind.

PatientInnen sollen unabhängig von ihrer finanziellen Lage wählen können, bei wem sie im Bedarfsfall zur Psychotherapie gehen möchten, wem sie ihr Vertrauen schenken möchten. Das Anordnungsmodell würde im Kinder- und Jugendpsychiatrischen Bereich einen grossen Engpass beheben, einen Schritt weg von der Zweiklassenmedizin bedeuten. Wie lange Kinder und Jugendliche in der Schweiz heute auf eine qualifizierte psychotherapeutische Behandlung warten müssen und welche Folgeschäden das mit sich bringt, ist in einem der reichsten Länder der Welt schlicht eine Schande.

Dorothee Wilhelm, eidg. anerkannte Psychotherapeutin, Psychologin MSc

Reales Bild

«Venezuela: Hugo Chávez ist tot», WOZ Nr. 14/2019

Die WOZ-Artikel von Toni Keppeler über Venezuela sind die einzigen in der Deutschschweiz, die ein einigermassen reales Bild der aktuellen Lage wiedergeben. Es sind zwar über 3  Millionen VenezolanerInnen emigriert, aber die andern 25  Millionen schlängeln sich mit allen Mitteln irgendwie durch, wie der Artikel treffend beschreibt. Das Regime ist zwar so verachtungswürdig wie diejenigen von Brasilien oder Honduras. Die wirklichen Linken in Venezuela (wo ich lange gelebt habe) sind unschlüssig, ob sie den von den USA orchestrierten Putsch begrüssen sollen, um einer neuen Regierung wenigstens die Chance zu geben, das Land wieder aufzurichten, obwohl sie kein Vertrauen in Guaidó haben.

Im Artikel hat es übrigens einen kleinen Fehler: Die Vorstadt Guatire liegt östlich und nicht im Westen von Caracas.

Max Leuzinger, per E-Mail