Kommentar: Die Nagra und die Scheindemokratie

Nr. 41 –

Die Atomwirtschaft hat ein Problem: Sie verträgt sich schlecht mit Mitbestimmung. Die Schweden haben es radikal ehrlich formuliert, als sie einen Endlagerstandort gesucht haben und die Bevölkerung dabei einbeziehen wollten. Die Prämisse dabei war: «Der geologisch beste Endlagerstandort existiert für uns nicht, falls die Bevölkerung, die dort wohnt, das Endlager nicht will.» Am Ende hat man zwei «geeignete» Standorte gefunden. Zufällig befinden sich beide in der Nähe von zwei Atomkraftwerken, wobei der Zufall wenig mit Geologie und viel mit der Befindlichkeit der Bevölkerung zu tun hat. Die Geologie musste sich der Mitbestimmung unterwerfen.

Die Regierung in Bern tut so, als ob es möglich wäre, es andersherum zu machen. Der Bundesrat verlangt, es müsse mit der Bevölkerung Demokratie gespielt werden. Obwohl niemand beim Bundesamt für Energie oder der Nagra je ernsthaft daran gedacht haben kann, das Endlager in Nidwalden in den Wellenberg zu bauen, wird auch der Wellenberg weiterhin als Standort aufgeführt. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) tut nur so, als ob der Wellenberg eine Option wäre, weil der Bundesrat verlangt, dass sie so tut.

Das sogenannte Mitwirkungsverfahren, das der Bund ins Leben gerufen hat, war von Anfang an auf Scheindemokratie ausgelegt. Das weiss man schon lange (siehe WOZ Nr. 10/10 ) und nicht erst, seit das angebliche Geheimpapier der Nagra an die Öffentlichkeit gespült wurde. Wenn die Beteiligten, die in den letzten Monaten in der Scharade mitgespielt haben, sich nun an der Nase herumgeführt fühlen, kann man ihnen nur sagen: Willkommen in der Realität!

Und es wird noch schlimmer kommen: Egal welche Gemeinde es trifft, sie wird trotz ausgeklügelter Partizipation am Ende nicht darüber abstimmen dürfen. Das tut dann die ganze Schweiz. Die DörflerInnen, denen man das Endlager dannzumal aufdrückt, werden mit ihren wenigen Stimmen im Meer der fünf Millionen Stimmberechtigten untergehen.