Fumoir: «Ei kännot rikhohl»

Nr. 3 –

Ruth Wysseier über das chronische Bankenelend

Den schwierigsten Job der Welt haben zweifellos die PR-BeraterInnen von Schweizer Topbankern. Seit Jahren werden Schweizer Banken wegen ihrer Geschäftspraktiken angeklagt, liefern Kundendaten und Namen von MitarbeiterInnen an ausländische Regierungen und geloben Besserung, doch nie ist es genug. Das Ausland zeigt beharrlich mit dem Finger auf die Geldinstitute der Alpenrepublik und sackt munter horrende Bussgelder ein.

Die ganze Welt weiss, dass die Schweizer Banken berühmt sind für ihre krummen Geschäfte, in jedem zweiten Film spielt ein illegaler Swiss Bank Account eine Rolle. Wäre ich PR-Beraterin, hätte ich ihnen schon längst geraten, die Flucht nach vorn zu ergreifen und reinen Tisch zu machen.

Aber nein, das wäre unklug, Kopf in den Sand stecken ist nach wie vor die beste Verteidigung.

Das sehen wir zum Beispiel bei Marcel Rohner, dem ehemaligen UBS-Chef. In Britannien nahmen letzte Woche Parlamentsabgeordnete Rohner und seine Kollegen öffentlich ins Kreuzverhör. «Ei kännot rikhohl», bedauert Rohner, er kann sich nicht erinnern, er entschuldigt sich, hatte keine Ahnung, man muss das verstehen, wie soll man denn in einem so grossen Laden die Übersicht behalten. Libor-Manipulationen? Nie gehört!

Natürlich hat sich Marcel Rohner beim Hearing auch etwas geschämt, vor allem, weil alle hören konnten, wie unbeholfen sich so ein Big Shot in der Konzernsprache Englisch ausdrückt. Zum Schluss verkündete er kulant, er übernehme natürlich trotzdem die Verantwortung für alles! Nichts einfacher als das, solange es weiter nichts kostet, gällezi, Herr Rohner.

Falsch gepokert hat dagegen Konrad Hummler. Es ist nicht lange her, da war der putzige, selbstbewusste Ostschweizer Privatbanker der Liebling der Medien, mit People-Storys und allem Drum und Dran, und die «Neue Zürcher Zeitung» wählte ihn zu ihrem Aushängeschild als Verwaltungsratspräsidenten, als ihr die freisinnigen Politiker dafür nicht mehr finanzplatzschnittig genug schienen.

Hummler hatte Erfolg, weil er tat, was alle taten: Seine Bank half ihrer Klientel, Schwarzgeld zu verstecken und Steuern zu hinterziehen. Als die USA begannen, Schweizer Banker deswegen zu plagen, ging Hummler keck zum Gegenangriff über und bezichtigte die USA mit ihren Offshore-Oasen der Doppelmoral. Doch statt dass sich diese nun betroffen an der eigenen Nase nahmen, trieben sie Hummlers Bank Wegelin ungerührt in die Enge. Als es nichts mehr abzustreiten gab, erklärte seine Bank sich in den USA für schuldig und fügte an, Beihilfe zur Steuerhinterziehung sei halt in der Schweizer Bankenbranche übliche Geschäftspraxis gewesen.

Das wissen auch die Schweizer PolitikerInnen. Und trotzdem empören sie sich, weil einer es ausspricht. Allen voran Christophe Darbellay: Hummler und sein Kollege Otto Bruderer seien Verräter, sie hätten den ganzen Schweizer Bankenplatz in den Dreck gezogen. Das tönt doch sehr befremdlich von einem hiesigen bürgerlichen Parlamentarier, dessen Partei diese nützlichen «Steuerhinterziehung ist hierzulande kein Betrug»-Gesetze mitgezimmert hatte und jedes Jahr einige Hunderttausend Franken Bankenspenden annahm und annimmt. Und nachdem Hummler und Bruderer nun gegen die Bezeichnung «Verräter» klagen wollen, solidarisiert sich die Politprominenz mit Darbellay. Selbst SP-Präsident Christian Levrat verlangt, Hummler solle sich beim Volk entschuldigen. – Solange es weiter nichts kostet, gällezi, Herr Levrat. Irgendwie sind wir halt alle auch eine Bank, und immerhin beschloss die SP neulich, dass sie keine Bankenspenden annehmen will.

Ruth Wysseier ist Winzerin am Bielersee.