Ausserdem: Böser Banker, schlappe AfrikanerInnen

Nr. 9 –

Die Rollen im neusten Kampagnenvideo von Solidar Suisse, das früher Schweizerisches Arbeiterhilfswerk hiess, sind klar verteilt: Ein weisser Banker rast in einem roten Ferrari über eine staubige afrikanische Piste, hält vor vier strohbedeckten Hütten und entreisst einer schwarzen Frau und ihren drei Kindern einige Maiskolben.

Ein fetziger Clip, der die Unterschriftensammlung für die Juso-Initiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln» ankurbeln soll. Das funktioniert – besonders seit FDP-Nationalrätin Doris Fiala den Clip wegen seiner einseitigen Darstellung der Bankenbranche kritisiert hat und Autohersteller Ferrari mit einer Klage drohte. Inzwischen ist das Gefährt verpixelt. «Das ist wie David gegen Goliath», sagt die Kampagnenverantwortliche Andrea Arezina, «wir erhalten sehr viele positive Reaktionen.»

Doch wer ist hier «David»? Jene, die tatsächlich unter der Nahrungsmittelspekulation leiden, erhalten im Clip keine aktive Rolle. Die arme Mutter und ihre Kinder ergeben sich stumm ihrem Schicksal.

«Der Clip verstärkt das Image des hilflosen Afrikaners», sagt Olumide Abimbola, Entwicklungsexperte am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle (Saale): «Die klischierte Darstellung solch komplexer Sachverhalte suggeriert, dass nur ausserafrikanische Akteure für Entwicklung sorgen können.»

Klar muss ein Videoclip vereinfachen, aber der von Solidar Suisse enthält nicht mal den Versuch, die Nahrungsmittelspekulation zu veranschaulichen. Wie schon die Flüchtlingsclips von Amnesty International (siehe WOZ Nr. 43/12 ) zeichnet er nur stereotype Figuren, die das Schema «Wir und die anderen» zementieren – die anderen sind eine Masse, der man helfen muss oder die hilfesuchend bei uns auftaucht.

Selbst wenn «wir» für «die anderen» sind: AfrikanerInnen wollen nicht als hilflose StatistInnen dargestellt werden. Für sie sind die Entwicklungsorganisationen genauso Goliath wie die multinationalen Unternehmen. Wenn Hilfswerke ihr Credo von der «Hilfe zur Selbsthilfe» ernst nähmen, würden sie andere Clips produzieren.