Und Ausserdem: Aus dem Gruselkabinett

Nr. 9 –

Der Kodirektor einer Sicherheitsfirma kandidiert als Regierungsrat, während gegen Mitarbeiter der Firma ein Verfahren läuft, weil sie Asylbewerberinnen sexuell missbraucht haben sollen. Unvorstellbar? Nicht doch, jedenfalls nicht im Kanton Neuenburg. Dort wurde Yvan Perrin, Kodirektor der Firma NSA, die für die Sicherheit des Asylzentrums Perreux zuständig war, Anfang der Woche offiziell als Kandidat der SVP für die Regierungsratswahlen vom 14. April aufgestellt.

Und was schreiben die JournalistInnen? Statt über den Skandal in Perreux zu recherchieren, rätseln sie über die gesundheitlichen Probleme Yvan Perrins, mutmassen, ob er als Regierungsrat den Strapazen gewachsen sein werde, reichen sich vertrauliche Arztberichte weiter und helfen damit der SVP, die versucht, Perrin zum Opfer zu stilisieren.

Der Trick funktioniert, seit es Populismus und Massenmedien gibt. Auch der Walliser SVP-Nationalrat Oskar Freysinger hat ihn angewandt, als er kürzlich an einer Tagung der «Identitaires» in Frankreich teilnahm. Statt über die Versammlung der Rechtsextremen schrieben die Medien danach nur über das Messer, das bei einem Tagungsteilnehmer entdeckt worden war und das – so behauptet zumindest Freysinger unverfroren – für ihn gedacht gewesen sei.

Freysinger ist zurzeit, genau wie Perrin, Regierungsratskandidat. Im Wallis zeichnet sich für das kommende Wochenende ein Duell mit dem freisinnigen Christian Varone ab. Der Polizeichef trägt schwer an seinem «Kieselstein», wie er das Stück einer antiken Säule nannte, das er illegalerweise aus der Türkei ausführen wollte. Freysinger könnte von der Affäre Varone profitieren, wäre da nicht sein junger Schützling Grégory Logean. Der Nachwuchs-SVPler möchte gerne Freysingers Nationalratssitz erben, doch scheint er direkt dem Gruselkabinett entsprungen: Logean bezeichnet Homosexuelle als «Geschwür» und fordert Chemotherapie, um sie zu «heilen». Das dürfte doch zahlreiche Freysinger-WählerInnen verscheuchen.

Yvan Perrin und Oskar Freysinger haben den Auftrag, die bodenständige Westschweizer SVP auf Blocher-Kurs zu bringen. Fast haben sie es geschafft. Doch noch hat der Blocher-Flügel in der Romandie in keiner Exekutive Platz genommen.