Auf allen Kanälen: Türöffner «Abwab»

Nr. 4 –

Seit letztem Dezember gibt es in Deutschland die erste arabische Monatszeitung – und sie trifft den Nerv der Zeit.

Mit so viel Resonanz hatte Ramy al-Asheq nicht gerechnet. Freiwillige Helfer, Angestellte in Flüchtlingsheimen und viele andere Leute meldeten sich, um zusätzliche Exemplare von «Abwab» zu bestellen. Die Reaktionen waren durchweg positiv. Was die Herausforderung für Chefredaktor Asheq nicht kleiner macht. Denn mit dem grossen Echo steigen auch die Erwartungen an die erste arabische Printzeitung in Deutschland. «Abwab» trifft einen Nerv.

Nun erscheint die zweite Ausgabe der zwanzigseitigen «Abwab». Die AutorInnen stammen aus Syrien, dem Irak, Palästina, aber auch aus Deutschland – ihre Texte werden ins Arabische übersetzt. Sie schreiben Analysen internationaler Ereignisse und der deutschen Politik, Reportagen über Flüchtlinge und Texte, die den Geflüchteten helfen sollen, sich nach ihrer Ankunft zurechtzufinden. «Es ist eine Zeitung von Flüchtlingen für Flüchtlinge», sagt Asheq. Sie gibt ihnen eine Chance, etwas vom öffentlichen Diskurs mitzubekommen. «Abwab» heisst «Türen» auf Arabisch. «Abwab» will den Geflüchteten die Türen zu ihrer neuen Heimat öffnen.

Unter falschem Namen in Jordanien

Ramy al-Asheq, syrischer Palästinenser, ist seit 2014 in Deutschland. Als die syrische Revolution 2011 begann, verhafteten ihn Milizen des Regimes während einer friedlichen Demonstration. Nach seiner Entlassung floh er nach Jordanien – wo er erneut verhaftet wurde. Nach vier Monaten brach er aus dem Gefängnis aus und lebte zwei Jahre lang unter falschem Namen in Jordanien. Er schrieb dort für verschiedene arabische Zeitungen, gründete eine feministische Onlinezeitung und veröffentlichte seinen ersten Gedichtband. 2014 kam er dank eines Autorenstipendiums der Heinrich-Böll-Stiftung nach Deutschland.

Hilfe vom Marketingspezialisten

Ursprünglich hatte er die Idee einer Website gehabt, auf der Texte deutscher AutorInnen auf Arabisch und Texte arabischer AutorInnen auf Deutsch publiziert werden. Doch dann kam Necati Dutar auf ihn zu. Der Geschäftsführer der Firma New German Media Ldt., die auf Marketing für MigrantInnengruppen spezialisiert ist, wollte eine arabische Zeitung auf den Markt bringen, das Werbepotenzial sei gross. Das war im November, gut einen Monat später war die erste Ausgabe mit einer Auflage von 45 000 Exemplaren gedruckt. Die Finanzierung ist dank Inseraten der Telecomfirma Ortel Mobile und des Geldtransferunternehmens Moneygram vorerst gesichert.

Die zweite Ausgabe befasst sich unter anderem mit den Übergriffen in Köln. «Einfach anders, als das in den meisten anderen Medien gemacht wurde», so Asheq. Neben einem Text, der den aktuellen Diskurs in der deutschen Presse zusammenfasst, berichtet «Abwab» über die Reaktionen zu den Ereignissen in der arabischen Community, spricht mit der Feministin Antje Schrupp und publiziert einen Text des Islamwissenschaftlers Muhammad Schahrur.

«Abwab» ist ein Gegengewicht zu jenen Medien, die über Flüchtlinge schreiben, als wären sie eine homogene Gruppe, die passiv ausserhalb der deutschen Gesellschaft steht – und gibt ihnen ihre Selbstbestimmung in der Öffentlichkeit zurück.