Pop: Balanceakt der Düsternis

Nr. 42 –

Treibender Schlagzeugbeat, knallharte Gitarrenriffs, dazu Bonnie Bloomgardens mädchenhafte, aber dennoch wütende und laute Stimme: Mit dem düsteren und äusserst tanzbaren Track «More Dead» eröffnen Death Valley Girls ihren dritten Longplayer «Darkness Rains». Düster ist auch das Thema des Openers: Suizid. Aus einem persönlichen Antrieb heraus geschrieben, macht die Band aus Los Angeles mit «More Dead» klar, wie wichtig und unerlässlich jede Person ist, und beweist, dass ernste Themen wie psychische Gesundheit auch im grossspurigen Rock ’n’ Roll abgehandelt werden können.

Ihre Musik bezeichnen Death Valley Girls als «California Doom Boogie». Im Grunde ist sie aber einfach guter, punkiger Rock ’n’ Roll; auf den Punkt gebracht, ohne Schnickschnack. Mal erinnert die Band an die australische Psychedelic-Rock-Band King Gizzard and the Lizard Wizard, mal an die dunklen, schnelleren Stücke von Black Rebel Motorcycle Club, dann wieder an den aggressiven Punk der Stooges. Deren Kopf, Iggy Pop, ist es auch, der im Video zur Single «Disaster», die ordentlich Ohrwurmpotenzial hat, nach Andy Warhols Vorbild einen Burger isst. Im Gegensatz zu Warhol, der den Burger 1982 im Film «66 Scenes from America» des dänischen Regisseurs Jørgen Leth in aller Stille verspeiste, isst Iggy Pop nun zu hypnotischem Gitarrendröhnen und berauschenden Fuzzklängen.

Auch in «Abre Camino», «Occupation: Ghost Writer» oder «TV in Jail on Mars» sind es die Gitarrenriffs und Solos von Larry Schemel, die den Songs Textur verleihen und eine bedrohliche Atmosphäre entstehen lassen. Bloomberg verschafft dieser Stimmung in «Abre Camino» mit Flüstern fast etwas Verschwörerisches, an anderer Stelle durchbricht sie laut das Mystische und verwandelt die Tracks in mitreissende Punkbeschwörungen. Auf «Darkness Rains» haben Death Valley Girls die Balance zwischen Punk und dem Garagerock der Sechziger gefunden. Und es ist ein weiterer Beweis dafür, dass der Rock ’n’ Roll den Löffel noch nicht abgegeben hat, auch wenn er manchmal totgesagt wird.

Death Valley Girls: Darkness Rains. Suicide Squeeze Records. 2018