Racial Profiling: LoRa rennt

Nr. 27 –

Am Abend des 25. Juni rannte eine verspätete Sendungsmacherin des alternativen Lokalradios LoRa im Zürcher Kreis 4 von der Bushaltestelle zur Arbeit. Ein Streifenwagen folgte der jungen Lateinamerikanerin kurzerhand. «Es ist immer verdächtig, wenn jemand vor der Polizei flüchtet», sagt Marco Cortesi, Mediensprecher der Stadtpolizei.

Die Verfolgte bemerkte davon erst mal nichts und setzte sich an ihren Arbeitsplatz. Ein anderer Mitarbeiter des Radios, der zu dem Zeitpunkt vor dem Haus stand, erzählt, er habe das Gespräch mit den PolizistInnen gesucht, die darauf beharrten, die Frau im Haus zu kontrollieren. Als er sich in den Eingang zum Redaktionsraum gestellt und nicht habe weichen wollen, hätten sie ihn gegen die Wand gedrückt, wobei er sich eine Schürfwunde zugezogen habe. Die BeamtInnen nahmen ihn schliesslich mit dem Vorwurf der «Hinderung einer Amtshandlung» fest und behielten ihn zwei Stunden auf dem Posten. Dies, obwohl die verdächtigte Sendungsmacherin ihre Papiere mittlerweile gezeigt hatte und die PolizistInnen alles für in Ordnung befunden hatten.

«Dieser Einsatz war absolut unverhältnismässig», sagt Judith Grosse, Kommunikationsverantwortliche von Radio LoRa. Für Tarek Naguib von der Allianz gegen Racial Profiling ist der Fall exemplarisch: «Alltägliches Verhalten wie Rennen auf der Strasse wird bei People of Color oft als verdächtig wahrgenommen, während dies bei weissen Menschen kaum der Fall ist.» Während Polizeisprecher Cortesi den Vorwurf in diesem Fall als «völlig absurd» zurückweist, gibt Judith Stofer vom Schweizer Syndikat Medienschaffender zudem zu bedenken: Möglicherweise liege auch eine Verletzung des Redaktionsgeheimnisses vor. Und sowieso: «Ob Redaktion oder Privatwohnung: Es ist allgemein bedrohlich, wenn die Polizei ohne handfesten Verdacht in Privaträume eindringen darf.»