Pop: Gitarrenrock als Lebenshilfe

Nr. 19 –

Dass der Gitarrenrock der Neunziger prägenden Eindruck bei der Zürcher Band Sooma hinterlassen hat, war schon vor zwei Jahren deutlich zu hören. Da veröffentlichte das Trio ein Debütalbum, auf dem Grunge und Stoner Rock die entscheidenden Bezugspunkte waren.

Nun machen Sooma mit ihrem neuen Album «It’s All about to Change» aber einen entscheidenden Move: Die Band um Sänger und Gitarrist Yannick Consaël, Drummer Fidel Aeberli und den neuen Bassisten Victor Rassov bewegt sich hin zu den Noise-Rock-Eskapaden jener Dekade, zeigt sich beeinflusst von Bands wie The Jesus Lizard, Drive Like Jehu und Helmet. Und den Klängen eines Labels wie Amphetamine Reptile, das auf derlei fiese, sperrige, schräge Musik seinerzeit abonniert war.

Die Ecken und Kanten, die Unruhe und die Nervosität, die diesem Sound eingeschrieben sind, all das klingt entsprechend an: Da lärmt etwa in «Break It» die Gitarre los und ergeht sich in fiebrigen, schnellen Suchbewegungen, denen man wippend und strauchelnd folgt, da knarrt und wummert in «Slow Mess» der Bass, gefolgt von repetitiven Gitarrenläufen, die einen durchrütteln; bei all dem ist das Schlagzeug meist voll auf die Zwölf. Neben den dominierenden Noise-Rock-Anleihen, die auch an die jüngere Stuttgarter/Berliner Schule um Die Nerven erinnern, klingt auch ein Einfluss von Rockdekonstrukteuren wie den Kanadiern Metz und dem Chicagoer Zirkel (Shellac) an.

Auch textlich wissen Sooma zu überzeugen, obwohl ihre Lyrics weitaus weniger experimentell sind als ihre Musik. Die grossen Themen der Gegenwart werden eher konventionell beackert. So ist die Arbeitswelt im digitalen Zeitalter Thema, im Song «Materiales Humanes» fragen sie sich: «Where are the idiots to work?» In «Dolls» setzt sich das Trio mit dem schönen Schein der Welt des Glamours auseinander («Fake smiles is all we need») und im Eröffnungstrack «Alive» damit, im Schlamassel der Gegenwart nicht unterzugehen und sein Leben zu leben. So viel ist klar: Dieses Album hilft dabei.

Sooma: It’s All about to Change. Radicalis Records. 2020