Corona-Call (7):
Barbara Müller: Internationale Solidarität trotz allem

Nr. 7 –

«Dieses Jahr hätten wir das dreissigjährige Bestehen gefeiert. Das machte es noch schwerer, unser Rojinegro-Solidaritätsjassturnier von Anfang Februar wegen Covid-19 abzusagen. Rund 300 Leute kommen jeweils im Februar in den Kulturmarkt Zürich und verbringen einen schönen Tag zusammen. Es ist jedes Mal eine angenehme Stimmung, die JasserInnen gehen sehr wohlwollend miteinander um. Am Schluss locken tolle Preise.

Der Begriff ‹Rojinegro› stammt aus der sandinistischen Revolution in Nicaragua von 1979. Er bedeutet, einen Tag für die Gemeinschaft zu arbeiten. Seit dieser Zeit gibt es hier eine Kampagne unter dem gleichen Namen zur Unterstützung der Befreiungskämpfe in Lateinamerika. Der Gewinn aus dem Jassturnier geht vollumfänglich an Basisprojekte in Guatemala. Dieses Jahr haben wir dazu aufgerufen, im Privaten zu jassen und einfach so zu spenden. In den letzten Jahren erzielten wir jeweils rund 25 000 Franken Nettogewinn. Dank der vielen bereits eingetroffenen Spenden und Zusagen werden wir wohl auch dieses Jahr auf etwa diesen Betrag kommen.

Wir unterstützten in den letzten Jahren schwerpunktmässig zwei Organisationen: Die eine hilft Gemeinschaften von intern Vertriebenen, zurückgekehrten Flüchtlingen und demobilisierten GuerillakämpferInnen. Diese haben nach dem Friedensschluss von 1997 von der Regierung Land erhalten, auf dem sie Dörfer aufgebaut und eine Art Selbstversorgung entwickelt haben. Die andere Organisation führt Familien zusammen, die aufgrund des Kriegs getrennt wurden. Immer noch wird so im Durchschnitt eine Familie pro Monat wiedervereint. Ausserdem arbeitet diese Organisation auch etwa in der Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen.

Mit Covid-19 hat sich die Arbeit beider Organisationen stark verändert. Es geht um ganz grundsätzliche Nothilfe: Lebensmittelbeschaffung; Gummi und Stoff bereitstellen, damit Masken genäht werden können; eine Hotline zu Fragen rund um das Thema Corona.

Von der Regierung können die Menschen in Guatemala wenig erwarten. Noch immer bestimmen die alten Strukturen: die Oligarchie und die Militärs. Viele trauen der Regierung nicht und haben sich deshalb nicht an deren Coronamassnahmen gehalten. Es ist unklar, wie stark das Land von Covid-19 betroffen ist, da in den ländlichen Gebieten keine Tests gemacht werden. Gemeinden, die gut organisiert sind, haben sich abgeschottet, die Versorgung neu strukturiert und eigene Regeln aufgestellt, wer ins Dorf reindarf und wer wieder raus.

Unsere Partnerorganisationen befürchten, dass es nach dem Ende der Coronapandemie für ihre Projekte schwieriger wird, genug Unterstützungsgelder zu finden. Denn Geldgeber aus der Entwicklungszusammenarbeit konzentrieren sich immer mehr auf andere Projekte – etwa solche zur Emigrationsverhinderung. Umso wichtiger ist unsere Unterstützung.»

Barbara Müller (56) koordiniert seit zwanzig Jahren das Einsammeln der Preise für das Rojinegro-Jassen. Am Turnier selber sorgt sie für den reibungslosen Ablauf.