Im Affekt: Tête-à-tête mit einer Teutonin

Nr. 9 –

Seit Jahren zerbrechen sich Politik, Medien und Intelligenz die Köpfe: Wie dem florierenden Rechtspopulismus begegnen? Die Grenzüberschreitungen ignorieren? Oder mit Rechten reden, um ihnen argumentativ den Wind aus den Segeln zu nehmen? Bei der NZZ hat man sich einen besonders pfiffigen Kniff im Umgang mit den Menschenfeinden ausgedacht: Warum nicht mit der AfD ins Kino gehen!

Andreas Scheiner, Filmkritiker der NZZ, hat nämlich Beatrix von Storch zum gemeinsamen Berlinale-Besuch eingeladen, um darüber einen Bericht zu verfassen. Auf dem Programm stand der Film «Ivo», von Storch habe «konzentriert» zugeschaut, sei am Ende aber von der Geschichte über eine Palliativpflegerin wenig angetan gewesen. Statt mit Sozialdramen halte sie es lieber mit Fantasy, ihr Lieblingsfilm sei «Lord of the Rings», wie sie der NZZ verriet – ein Faible, das sie mit der italienischen Neofaschistin Giorgia Meloni teilt, die unlängst J. R. R. Tolkiens Buchvorlage als «heiligen Text« bezeichnet hat.

Hintergrund der Aktion ist die Kontroverse um die Einladung von AfD-Politiker:innen auf das Festival: Nach Protesten hatte die Berlinale-Leitung zuvor eingeladenen Repräsentant:innen der Partei mitgeteilt, dass sie bei der Eröffnungsgala doch unerwünscht seien. Da dachten sich die Trolle von der Falkenstrasse wohl, sie müssten selbst aktiv werden, und baten flugs ihrerseits von Storch zum Filmabend. Eine Politikerin, deren adlige Familie vom Holocaust profitierte, die glühende Abtreibungsgegnerin ist und auch schon gefordert hat, auf Kinder zu schiessen, sollten sie rechtswidrig versuchen, nach Deutschland einzureisen.

Der NZZ-Kritiker wiederum rechtfertigte seinen Stunt mit einer kuriosen Analogie. Die AfD müsse man sich vorstellen wie die Comicfigur Hulk: «Drängt man sie in die Ecke, wird sie hässlich und gross. Tanzt man ihr aber nicht hysterisch vor der Nase herum, schrumpft sie auf Normalmass.» Immerhin weiss man jetzt, was liberaler Antifaschismus wert ist: weniger als die Comic-Hefte vom Bahnhofskiosk.

Von Storch wurde neulich mit Hundekot attackiert. Zum Hulk ist sie deswegen aber bislang nicht mutiert.