Pop: Hierbleiben, wenns sein muss

Nr. 10 –

Albumcover «Great Doubt» von Astrid Sonne
Astrid Sonne: «Great Doubt». Escho. 2024.

Willst du? Willst du ein Kind haben? «Do You Wanna» ist nur fast ein Hit, mit dem schwer schleppenden, doch vorwärtstreibenden Beat aus der Drum Machine, dem vorsichtigen Piano. Ein kontemplativer Song, bei dem sich die Erzählstimme nie ganz sicher zu sein scheint – soll das alles wirklich raus in die Welt? Oder doch lieber hierbleiben, bei mir selbst?

Denn die Frage im Titel richtet sich nur vermeintlich an ein Gegenüber: «Ich weiss es wirklich nicht», antwortet die Musikerin sich selbst, ganz weich und nah wirkt ihre Stimme am Ohr, geschmeidig und ruhig wie meist auf diesem Album. Nicht nur das erinnert an die Londoner Musikerin Tirzah. Auch hier: ein zögerliches, aber selbstbestimmtes Ausloten des eigenen Raums in der Welt. Gerade deswegen wirkt es so intim.

«Great Doubt» ist das dritte Album der dänischen Komponistin und Bratschistin Astrid Sonne, die heute in London lebt. Es ist ihr erstes, auf dem auch die Texte eine tragende Rolle spielen; in «Human Lines» (2018), «Outside of Your Lifetime» (2021) sowie auf zwei EPs bewegte sie sich stärker im experimentellen, elektronischen Instrumentalbereich, in weiten Suchbewegungen.

«Light and Heavy» heisst das kurze, instrumentale Eröffnungsstücklein auf «Great Doubt», das wirkt beinahe programmatisch. Und die Suchbewegungen sind auch für dieses Album charakteristisch, auf dem kaum kompakte Popsongs zu finden sind, sondern sich die grossen Zweifel in die Musik eingeschrieben haben. «Everything Is Unreal» heisst ein Stück etwas nach der Hälfte, ein Track wie ein Nebeltag ohne einen Lichtblick in Sicht. «Everything is unreal, but I’m not going anywhere», das wird auch im anschliessenden «Staying Here» wiederholt – hier wird es leichter und treibender mit einer lustigen Orgelmelodie, aber nicht unbedingt weniger traurig. Hierbleiben? Na, wenns eben sein muss.

Weiter folgt: eine kurze, warme «Overture» mit gezupften Saiten, Streichern, Saxofon und ganz zum Schluss wieder Piano und Drum Machine, die Aufforderung, leise und bestimmt: «Say that you love me.» Eine Antwort gibt es auch hier nicht.